BGH entscheidet über Einwilligungen: Worauf kommt es an?

Eine Checkbox mit der Zustimmung für die Zusendung von „aktuellen Angeboten per SMS, MMS, Telefon, Fax und E-Mail“ findet sich häufig am Ende von Online-Bestellformularen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden, dass solche Einwilligungserklärungen auch dann zulässig sein können, wenn sie – wie im obigen Beispiel – für alle Kanäle gemeinsam ausgestaltet sind (Urt. v. 01.02.2018 – III ZR 196/17). Unternehmen müssen daher nicht mehr unbedingt je eine Einwilligung für Angebote per SMS, Angebote per E-Mail etc. einfordern.

Werbung und Datenschutz: Ohne Einwilligung geht nichts- oder doch?

Insbesondere beim Versenden von Werbemails und Werbe-Anrufen erfolgt eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Hierfür ist in der Regel eine Einwilligung des Betroffenen erforderlich.

Ab dem 25. Mai 2018 wirkt die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Wie auch nach der bisherigen Rechtslage erfordert diese für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Artikel 6 DSGVO eine Rechtsgrundlage. Dies kann unter anderem eine Einwilligung des Betroffenen sein (Art. 6 Abs. 1 lit. a, 7 DSGVO), welche grundsätzlich formlos, also mündlich, schriftlich oder elektronisch erfolgen kann. Unternehmen sollten bei Einwilligungen dringend das sog. Koppelungsverbot der DSGVO beachten. Danach darf die Erteilung der Einwilligung nicht mit der Erbringung einer Dienstleistung gekoppelt werden. Mit anderen Worten darf die Einwilligung in Werbung nicht ohne Weiteres zur Voraussetzung für die Erbringung einer Dienstleistung gemacht werden. Eine Ausnahme besteht dann, wenn die Datenverarbeitung für die Erbringung der Dienstleistung erforderlich ist. Dies ist etwa bei der Warenkorbfunktion beim Online-Shopping der Fall.

Darüber hinaus sind aus Unternehmenssicht dringend die Transparenz- und Informationsplichten zu berücksichtigen. So muss unter anderem bei der Erteilung der Einwilligung auf die jederzeitige Widerrufbarkeit hingewiesen werden. Bezüglich des Zwecks der Datenverarbeitung ist darauf zu achten, dass dieser Zweck aus datenschutzrechtlicher Sicht für jede Datenverarbeitung gesondert dargestellt werden muss. Allgemeine Oberbegriffe wie „Marketing“ genügen in der Regel nicht, wohl aber Newsletter-Anmeldungen zur Information über „aktuelle Angebote“. Liegen verschiedenen Werbekanälen verschiedene Verarbeitungszwecke zugrunde, ist in jedem Fall auf gesonderte Einwilligungen für jeden einzelnen Werbekanal zu achten. Also etwa eine Einwilligung für E-Mail-Newsletter bezüglich aktueller Produkt-Angebote und eine Einwilligung für SMS-Nachrichten mit Serviceleistungen. Insoweit darf das zitierte BGH-Urteil nicht falsch verstanden werden: Multikanaleinwilligungen sind nur dann zulässig, wenn die Werbung über alle Kanäle demselben Zweck dient.

Was ist zu tun, wenn eine datenschutzrechtlich erforderliche Einwilligung fehlt?

Fehlt es an einer Einwilligung, kann Werbung unter bestimmten Voraussetzungen auch auf berechtigte Unternehmensinteressen gestützt werden, soweit diese die Rechte und Interessen des Betroffenen überwiegen (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO). Auch ohne Einwilligung kann es im Datenschutzrecht also gehen. Denn nach der DSGVO werden laut den Erwägungsgründen ausdrücklich auch wirtschaftliche Interessen und dabei namentlich auch die Direktwerbung als berechtigtes Unternehmensinteresse anerkannt. Allerdings müssen Unternehmen eine Interessenabwägung auch tatsächlich vornehmen und diese muss zugunsten des Unternehmens ausfallen.

Bei Verstößen gegen die DSGVO drohen Bußgelder von bis zu 4 % des weltweiten Jahresumsatzes oder 20 Millionen Euro.

Die Einwilligung unter wettbewerbsrechtlichen Voraussetzungen

Marketing in Form von Telefonanrufen, Faxen oder elektronischer Post (E-Mails) verlangt nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 und Nr.3 des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) ebenfalls eine Einwilligung. Andernfalls liegt grundsätzlich ein Fall der sog. unzumutbaren Belästigung vor. Unternehmen verfolgten bisher häufig die Praxis eine allgemeine Einwilligungserklärung z.B. für die „Versendung von aktuellen Angeboten per Telefon, E-Mail und Fax“ einzusetzen. Diese Praxis wurde nun vom BGH in dem genannten Urteil ausdrücklich für rechtmäßig befunden. Er erklärte, dass eine solche oder ähnliche Einwilligungserklärung (auch unter AGB-rechtlichen Gesichtspunkten) inhaltlich bestimmt und spezifisch genug sei, damit ein rechtlich nicht vorgebildeter Durchschnittskunde erkennen könne, dass er in Werbung mittels der explizit aufgeführten Kanäle einwillige.

Mittels der Klausel willige der Verbraucher somit ohne jeden Zwang und in Kenntnis der Sachlage in die Werbung ein, ein Verstoß gegen den Schutzzweck des § 7 Abs.2 Nr. 2 und 3 UWG liege nicht vor. Daneben sei es auch zulässig, wenn der Kunde in „individuelle Kundenberatung“ einwillige, ohne dass Ware oder Dienstleistung genau benannt werden. Auch insoweit könne ein Durchschnittskunde erkennen, dass er in eine Kontaktaufnahme zu Beratungszwecken einwillige.

Zudem wies der BGH darauf hin, dass Einwilligungen nicht erlöschen. Eine einmal erteilte Einwilligung muss daher nicht regelmäßig „aufgefrischt“ werden. Auch dies ist ein interessanter Aspekt der Entscheidung.

Abschließend verwies der BGH auch darauf, dass durch Multi-Kanal-Einwilligungen die Aspekte des Verbraucherschutzes ausreichend berücksichtigt würden. Der Kunde erkenne inwieweit er einem Eingriff in seine Privatsphäre zustimme und werde zu dieser Entscheidung nicht gedrängt.

Fazit und Handlungsempfehlung

Unternehmen ist sowohl unter datenschutzrechtlichen als auch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten dazu zu raten, genau zu prüfen, auf welcher Grundlage Werbemaßnahmen zulässig sind. Sollte eine Einwilligung erforderlich sein, ist darauf zu achten, dass die Verarbeitungszwecke genau bestimmt und die gesteigerten Informationspflichten der DSGVO neben wettbewerbsrechtlichen Aspekten beachtet werden. Die gute Nachricht ist, dass der BGH nun hinsichtlich der Praxis, mehrere Werbekanäle in eine Einwilligungserklärung aufzunehmen, für mehr Klarheit gesorgt hat.

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