Bildrechte: Von Möbelkatalogen, Gemälden und sonstigem „Beiwerk“ in Fotografien

Bei der Verwertung von Fotografien stellen sich in der Praxis zahlreiche Probleme, die geklärt werden müssen. So reicht es nicht, sich die Nutzungsrechte vom Fotografen einzuholen, sondern es sind auch Rechte Dritter zu berücksichtigen wie das Recht am eigenen Bild der abgebildeten Personen. Durch einige Gerichtsentscheidungen in den vergangenen Jahren sind aber auch Eigentumsrechte bei der Abbildung von Gebäuden und Gärten (Sanssoucci-Rechtsprechung, BGH, Urt. v. 17.12.2010 – V ZR 45/10; BGH, Urt. v. 19.12.2014 – V ZR 324/13) und nicht zuletzt die Abbildung von urheberrechtlich geschützten Gegenständen in Fotografien in den Fokus gerückt. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) zuletzt in einem Fall zu Möbelkatalogen zur Frage entschieden, wann ein sogenanntes „unwesentliches Beiwerk“ bei der Abbildung von dekorativen (urheberrechtlich geschützten) Gegenständen vorliegt.

BGH, Urt. v. 17.11.2014 – I ZR 177/13 – Möbelkatalog

Hintergrund der Entscheidung war die Klage eines Urhebers des Gemäldes „ohne Titel 2002/08”, Mischtechnik auf Leinwand. Dieses hatte er der Beklagten, einem Produzenten und Vertreiber von Büromöbeln für eine Ausstellung zur Verfügung gestellt.

Nach Rückgabe des Gemäldes bemerkte der Kläger, dass im Katalog der Beklagten eine Fotografie veröffentlicht worden war, auf der neben den in der Verkaufsausstellung der Beklagten präsentierten Möbeln auch sein Gemälde zu sehen war. Diese Fotografie war zudem auf der Internetseite der Beklagten abrufbar. Ein Hinweis auf den Kläger als Urheber des Gemäldes fehlte jeweils.

Hierin sah der Kläger eine Verletzung seines Urheberrechts und klagte unter anderem auf Schadenersatz. In der ersten und zweiten Instanz blieb die Klage erfolglos. Die Gerichte stuften das Gemälde als ein unwesentliches Beiwerk im Sinne von § 57 UrhG ein.

Unwesentliches Beiwerk im Sinne von § 57 UrhG

Nach dieser Vorschrift ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von fremden Werken zulässig, wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand anzusehen sind.

Die deutsche Norm beruht auf einer europäischen Richtlinie (Art. 5 Abs. 3 lit. i InfoSoc-RL 2001/29/EG), wonach die Mitgliedstaaten „für die beiläufige Einbeziehung eines Werks oder sonstigen Schutzgegenstands in anderes Material“ Einschränkungen in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Wiedergabe vorsehen können. Solche Ausnahmen und Beschränkungen dürfen allerdings nicht dazu führen, dass die berechtigten Interessen der Rechtsinhaber verletzt werden oder die normale Verwertung ihrer Werke beeinträchtigt wird (vgl. Erwägungsgrund 44 der InfoSoc-RL).

BGH: Gemälde ist kein unwesentliches Beiwerk

Der BGH sah letztlich das in der Fotografie abgebildete Gemälde nicht als unwesentliches Beiwerk an. Hierbei nahmen die Richter eine zweistufige Prüfung vor:

(1) Was ist der Hauptgegenstand?

Im Gegensatz zu den vorigen Instanzen stellte der BGH auf die einzelne Fotografie als Haupt- bzw Prüfungsgegenstand und nicht auf den gesamten Möbelkatalog bzw. den gesamten Internetauftritt der Beklagten ab. Dies folge unter anderem aus der erforderlichen engen Auslegung der Schrankenbestimmungen, so der BGH. Prüfungsgegenstand sei die vom Kläger beanstandete konkrete Fotografie sowie der sich aus dem Kontext der Veröffentlichung ergebende Umstand, dass die Beklagte auf diesem Foto zu Werbezwecken einige von ihr vertriebene Möbelstücke in bestimmter Weise arrangiert habe, um dem Kunden so eine mögliche Verwendungssituation und die sich daraus ergebende ästhetische Wirkung dieser Möbel vor Augen zu führen. Hierdurch werde der eigentliche Gegenstand auf die konkrete Fotografie und die einzelne Abbildung der Internetseite beschränkt.

(2) Werk im Verhältnis zum Hauptgegenstand unwesentlich?

Bei der Prüfung der Frage der Unwesentlichkeit stellte der BGH zunächst fest, dass hiervon nur dann auszugehen sei, wenn das Werk weggelassen oder ausgetauscht werden könnte, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffiele. Dies entspricht im Wesentlichen der bereits bisherigen Rechtsprechung. Daneben wurde jedoch in der Entscheidung eine zusätzliches Kriterium aufgestellt: Ein Werk soll demnach nur dann als unwesentliches Beiwerk anzusehen sein, „wenn ihm nach den Umständen des Einzelfalls keine noch so geringfügige inhaltliche Beziehung zum Hauptgegenstand der Verwertung zuzubilligen ist, sondern es durch seine Zufälligkeit und Beliebigkeit für diesen ohne jede Bedeutung ist“. Eine derart untergeordnete Bedeutung könne dem mitverwerteten Werk regelmäßig nicht mehr zugewiesen werden, sobald es erkennbar stil- oder stimmungsbildend oder eine bestimmte Wirkung oder Aussage unterstreichend in den eigentlichen Gegenstand der Verwertung einbezogen werde, so der BGH.

Diese Kriterien anwendend, komme dem Werk des Klägers bei der werblichen Darstellung der Beklagten eine nicht unwesentliche ästhetische Bedeutung zu, indem es einen Kontrast zu den Möbeln biete und deren Wirkung auf den Betrachter beeinflusse.

Fazit und Bewertung

Das Urteil stärkt die Rechte der Urheber. In der Praxis wird es zu einer Zunahme an rechtlichen Auseinandersetzungen kommen, da das erforderliche Rechte-Clearing bei der Abbildung von Gegenständen in Fotografien oder Filmen nicht immer umfänglich durchführbar ist. Neben dem Filmbereich ist das Urteil auch im E-Commerce und sonstigem Handel praxisrelevant, da hier in Produktfotografien oftmals Gegenstände zur Stil- oder Stimmungsbildung eingesetzt werden. Hier ist verstärkt darauf zu achten, sich die erforderlichen Nutzungsrechte der Urheber einzuholen. Anderenfalls drohen kostspielige Unterlassungs- und Schadenersatzforderungen.

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