Cloud-Service-Modelle und ihre vertragliche Einordnung

Microsoft 365, GoogleDrive, iCloud – in der Welt des Cloud-Computing genießen vor allem die Produkte der Anwendungsebene große Bekanntheit. Die Möglichkeiten bedarfsgerechter Ressourcenbereitstellung via Cloud gehen jedoch weit über die Nutzung virtueller Arbeits- und Speicherplätze hinaus. Um den virtuellen Betrieb der umsatzstarken Applikationen zu ermöglichen, muss zunächst ihr technischer Unterbau „in die Wolke“ gehoben werden. Diese virtuellen Infrastrukturressourcen und Plattformen stellen ihrerseits einsatzfähige und leistungsstarke Cloud-Dienste dar. Am Markt haben sich im Besonderen die Modelle „Infrastructure-as-a-Service“ (IaaS), „Platform-as-a-Service” (PaaS) und “Software-as-a-Service” (SaaS) durchgesetzt. Der folgende Beitrag zielt auf die Unterschiede zwischen den Lösungen und möchte diese grob im vertraglichen Spektrum verorten.

Wie unterscheiden sich die Cloud-Service-Modelle?

Die Verschiedenheit der Modelle lässt sich am besten anhand des strukturellen Aufbaus eines Cloud-Dienstes veranschaulichen. Bildlich kann man sich diesen als Stapel verschiedener Funktionsebenen vorstellen. Die jeweils untere Ebene stellt mit ihrer Schichtung eine eigenständige Cloud-Lösung dar und bildet dadurch das notwendige Fundament der darauffolgenden Schicht. Die oberste Ebene gibt den Funktionstypus der Cloud vor und bestimmt dadurch das Cloud-Service-Modell.

Das Fundament der Cloud-Services – und somit deren Grundmodell – stellt die virtuelle IT-Infrastruktur dar. Dabei handelt es sich in erster Linie um die Bereitstellung virtueller Hardwareressourcen – etwa eines virtuellen Servers. Bei der Inanspruchnahme dieses Modells – etwa zur temporären Performancesteigerung – handelt es sich um die oben angesprochene IaaS. Die nächstmögliche Stufe im Bauplan der Cloud-Services stellt die PaaS dar. Auf der virtuellen Rechnerkapazität baut hierbei ein virtuelles Betriebssystem auf und die Nutzer können zudem auf eine virtuelle Entwicklungsumgebung zugreifen. Von Interesse ist dies beispielsweise für Unternehmen, die eigene cloudbasierte Apps entwerfen und umsetzen wollen. Die letzte und oberste Cloud-Schicht beinhaltet die virtuelle Zurverfügungstellung von Anwendungssoftware. Im Rahmen der SaaS-Modelle sind die Möglichkeiten des Users im Wesentlichen auf die reine Nutzung der bereitgestellten Applikation beschränkt.


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Welcher Vertragstyp bei welchem Modell?

Eine pauschale Beschreibung oder exakte Abgrenzung der Leistungspflichten im Cloud-Computing kann nicht gegeben werden. Der Grund dafür ist, dass es sich bei Cloud-Service-Verträgen zumeist ein höchst individuelles Paket mit exakt beschriebenem Leistungsinhalt handelt. Welche Qualität die Leistung haben und in welchem Umfang sie vorliegen soll, wird heute von den meisten Vertragsparteien in einem sogenannten Service-Level-Agreement (SLA) festgehalten. 

Bei Cloud-Computing-Verträgen handelt es sich darüber hinaus um typengemischte Verträge. 

Charakteristischerweise sind dabei die einzelnen vertraglichen Leistungspflichten je unterschiedlichen gesetzlichen Vertragsgattungen zuzuordnen. Gleichzeitig sind diese derart eng miteinander verschmolzen, dass eine sachgerechte Auftrennung nicht möglich ist. Um einen typengemischten Vertrag im Vertragstypensystem des BGB einordnen zu können, muss deshalb der parteilich gewollte Schwerpunkt bestimmt werden. 

So beliebt Cloud-Computing-Modelle in der Praxis sind – Urteile zu ihrem Vertragstypus gibt es nicht. Für eine grobe Zuordnung bietet allerdings die BGH-Rechtsprechung zur Software-Überlassung bei „Application-Service-Providing“ (ASP)- Verträgen einen guten Referenzrahmen.

Bereits in den frühen 2000er-Jahren gab mit ASP die Möglichkeit, Anwendungssoftware über den Server des jeweiligen Providers abzurufen. Gegenüber dem bis dato üblichen Softwarekauf wurde damit erstmalig ein Modell zur temporären Anwendungsnutzung entwickelt. Ihren Verwendern bieten ASP-Modelle außerdem den Vorteil, die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der Rechnerkapazitäten und Programmpflege auf den Provider auszulagern. Der Zugriff auf die Anwendungssoftware des Providers setzt bei ASP allerdings die Einrichtung einer individuellen Kommunikationsmöglichkeit zwischen dem anbietenden Server und dem anwendenden PC voraus. Dafür muss auf dem Rechner eines jeden Verwenders ein Client installiert – gewartet und gepflegt – werden.

Demgegenüber bedarf es bei Cloud-Service-Modellen keiner individuellen Backend-Installation. Die Schlüsseltechnologie stellt der Einsatz sogenannter Virtualisierungssoftware dar. Diese ermöglicht es die IT-Ressourcen des Providers – also beispielsweise die Hardware oder Anwendungssoftware – virtuell nachzubauen. Dadurch kann eine virtuelle Umgebung geschaffen werden, die zwar für ihren Betrieb auf die zugrundeliegenden Ressourcen angewiesen ist, auf die der Verwender selbst aber über (fast) jede Hardware zugreifen kann. Mittels Logins über den Webbrowser wird dem User die gewünschte Ressource virtuell zugewiesen. Der entscheidende Vorteil des Cloud-Computing gegenüber ASP-Modellen ist dementsprechend seine Massentauglichkeit.

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Zentraler Vertragszweck beim ASP ist im Regelfall die Softwareüberlassung für den Zeitraum der Vertragslaufzeit. Die Kernleistung besteht somit darin, dem User den Zugriff auf die gewünschte IT-Ressource und ihre Nutzung – in dem vertraglich vereinbarten Umfang – zu gewähren. Als vertraglichen Schwerpunkt hat der BGH deshalb eine zeitlich begrenzte Gebrauchsgewährung erkannt – was inhaltlich einem Mietvertrag nach § 535 BGB entspricht. 

Auch bei Cloud-Service-Modellen stellt die zeitlich begrenzte Nutzung einer bestimmen IT-Ressource den Dreh- und Angelpunkt des Parteiwillens dar.

Den Provider trifft grundsätzlich die Pflicht zur Aufrechterhaltung der virtuellen Infrastruktur durch Betrieb der notwendigen Hardware und Virtualisierungssoftware. IaaS-Verträge beinhalten im Regelfall die Einräumung einer Nutzungsmöglichkeit dieser Infrastruktur – und regeln damit deren Miete. Lediglich in Einzelfällen – etwa bei der Ausführung bestimmter Rechenleistungen – kann auch ein Dienstvertrag in Betracht kommen. Im Rahmen von PaaS- und SaaS-Verträgen stellt die Nutzung der virtuellen Plattform bzw. Anwendungsmöglichkeit den zentralen Vertragszweck dar. Der Provider muss die jeweilige Ebene derart bereitstellen, dass der User im vertraglich vereinbarten Umfang darauf zugreifen kann. Von den Fällen „unentgeltlicher“ Nutzungsmöglichkeit – der Leihe – abgesehen, handelt es sich bei ihnen deshalb ebenfalls um Mietverträge.

Fazit

Cloud-Computing-Verträge sind so vielfältig und verschieden, wie das Angebot an Cloud-Diensten selbst. Im Grundsatz handelt es sich dabei jedoch meist um Mietverträge, die eine detailliert beschriebene Nutzungsmöglichkeit der gewünschten IT-Ressource vorsehen.

Bei Verbraucherverträgen muss insofern außerdem das – schon nicht mehr ganz – neue Gewährleistungsrecht für digitale Produkte beachtet werden. Seit Anfang 2022 stellt dieses den zentralen Rahmen für Mängelrechte bei der Bereitstellung digitaler Produkte im B2C-Bereich dar.

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