„Künstliche Kreativität“? – Schutz von KI und ihrer Werke durch Urheberrecht

Mein Buch, mein Lied, mein Bild – rechtlich bedeutet das nichts anderes, als ein gewerbliches Schutzrecht in Form eines Urheberrechts an seinem Werk zu besitzen. Inzwischen sind wir zum Glück in der Rechtsordnung an einem hohen Schutzniveau geistigen Eigentums angelangt. Autoren, Songwriter und Maler müssen nicht mehr befürchten, an ihrem Beruf zu verarmen oder an ihrer Idee beklaut zu werden.

Um den urheberrechtlichen Schutz genießen zu können, ist jedoch eines ausschlaggebend: das Werk ist eine persönliche geistige Schöpfung. Nur Menschen werden bisher als in der Lage angesehen, abstrakt und kreativ zu denken und deshalb schützenswerte künstlerische Werke hervorzubringen. Aus diesem Grund werden aktuell die Fälle heiß diskutiert, in denen künstliche Intelligenz – also ein selbstlernender Algorithmus – Songs komponiert, Bücher schreibt oder Gemälde malt.

Das Problem dahinter: Künstliche Intelligenz zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sie zwar von einem Menschen programmiert wird und auf von einem Menschen geschaffenen Algorithmus beruht, jedoch durch Training in der Lage ist, immer mehr selbst zu lernen und eigene Entscheidungen zu treffen. Sie kann so verselbstständigt sein, dass man sich aus urheberrechtlicher Sicht fragen muss, ob das dahinterstehende Werk überhaupt noch von einem Menschen stammt und daher geschützt werden kann. Von dieser Situation ist die Frage zu unterscheiden, ob die künstliche Intelligenz, also das Computerprogramm an sich, das von einem Menschen erstellt wurde, geschützt werden kann.

Ist die künstliche Intelligenz selbst geschützt?

Die erste Frage ist, ob die künstliche Intelligenz überhaupt selbst geschützt werden kann, wie beispielsweise ein Songwriter seinen Song oder ein Maler sein Gemälde schützen kann. Es mag schwierig sein, eine vergleichende Linie zwischen einem Programmcode und einem Songtext zu ziehen. Doch in der Tat genießen nach § 69a UrhG auch Computerprogramme urheberrechtlichen Schutz als Sprachwerke. Dies ist durchaus nachzuvollziehen, denn wie bei einem Songtext steht hinter einem Computerprogramm eine persönliche schöpferische Leistung, die zudem auf erheblichem Aufwand und Investitionen beruht. Urheber ist dann der Programmierer, Rechteinhaber das Tech-Unternehmen (z.B. Microsoft), für das der Programmierer arbeitet oder beauftragt wurde.

Allerdings muss hier genau differenziert werden: nicht unter den Schutz fallen nämlich die abstrakten Algorithmen, die standardmäßig einem Computerprogramm zugrunde liegen, also nicht speziell für ein individuelles Computerprogramm entwickelt wurden, sondern Basis eines jeden Computerprogramms sind.

Es ist daher immer am Einzelfall zu bewerten, welche Algorithmen konkret für die entsprechende künstliche Intelligenz entwickelt wurden. Geht es beispielsweise um eine künstliche Intelligenz, die neue Bilder eines bestimmten, verstorbenen Künstlers malen oder die Fortsetzung einer bestimmten Buchreihe schreiben soll, dann müssen speziell dafür eigene Programmcodes entwickelt werden, mit der der KI die jeweiligen Fähigkeiten beigebracht werden konnten.

Kann das Kunstwerk der KI geschützt werden?

Wenn nun Joanne K. Rowling einen achten Harry Potter Band schreiben würde, dann wäre das urheberrechtlich gesehen keine spannende Konstellation. Wie sieht es jedoch aus, wenn eine KI derart mit Informationen über Schreibstil des Autors und Inhalt der vorherigen Bücher lernen würde, dass sie eigenständig eine Fortsetzung im passenden Schreibstil des Autors verfassen könnte? So übrigens schon geschehen, als Resultat ist jedoch weniger überzeugend die Geschichte „Harry Potter und der Stein auf dem Boden“ entstanden. Bekannt wurde auch der Fall, als eine künstliche Intelligenz einen neuen Rembrandt gemalt hat, nachdem sie mit allen möglichen Rembrandtgemälden trainiert wurde. Die Werke an sich wären, wenn sie von einem Menschen geschaffen worden wären, nach dem Urheberrecht schutzwürdig – allerdings nicht so einfach, wenn sie durch eine KI entstanden sind.

Wie bereits erwähnt werden nur menschliche Schöpfungen geschützt. KI wird bisher weder als Rechtsperson noch als Schöpfer anerkannt, weshalb ihre Werke grundsätzlich keinen urheberrechtlichen Schutz genießen. Es ist jedoch danach zu differenzieren, inwieweit man das Werk noch dem Anwender der KI, also dem hinter der KI stehenden Menschen, zuerkennen kann:

1.       KI als technisches Hilfsmittel:

Zum einen besteht die Möglichkeit, dass die KI nur technisches Hilfsmittel des Menschen ist. In den Fällen ist die KI-Anwendung mit der eines Fotoapparats zu vergleichen, wo das Urheberrecht am Foto auch nicht dem Fotoapparat, sondern dem Fotografen gebührt. Sie stellt beispielsweise dann nur ein technisches Hilfsmittel dar, wenn ihr vom Anwender konkrete und genaue Vorgaben gemacht werden. In den Fällen, wo die KI selbstständig arbeitet, ist sie allerdings mehr als nur ein Hilfsmittel oder Werkzeug.

2.       KI als „Schöpfer“:

In den Konstellationen, in denen alle wesentlichen Gestaltungen und Entscheidungen durch die KI geprägt werden, ist der KI-Anwender nicht nah genug am entstandenen Werk, um noch eine menschliche Schöpfung und damit ein Urheberrecht anerkennen zu können. Auch dem Softwareentwickler steht kein Urheberrecht am Erzeugnis seiner Software zu, wenn er keine Gestaltungsmöglichkeiten am Werk hatte, sondern die KI diese Gestaltungsentscheidungen automatisiert übernommen hat. Davon zu unterscheiden ist jedoch der Fall, dass der Programmierer bereits bei der Softwareentwicklung wesentliche Gestaltungsentscheidungen vorgegeben hat, die sich im endgültigen Werk der KI niedergeschlagen haben.

Um diese Lücke im Urheberrecht zu schließen, hat auch das Europaparlament diskutiert, KI mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit auszustatten. Das würde nicht nur im Urheberrecht der KI eigene Rechte einräumen, sondern sich beispielsweise auch bei Haftungsfragen im Zusammenhang mit KI auswirken. Dass derartige Vorschläge jedoch konkretere Form annehmen werden, ist bisher noch Zukunftsmusik.

Um die Unterscheidung zu treffen, ob die künstliche Intelligenz nur ein technisches Hilfsmittel oder mehr ist, muss immer der technische Prozess von der Entstehung bis zur Anwendung der KI nachvollziehbar sein. Nur so kann festgestellt werden, wo der Einfluss des Menschen endet.

Whitepaper zur KI Verordnung

Exkurs: Leistungsschutzrechte – so nah wie möglich am Urheberrecht

Im Urhebergesetz (UrhG) ist übrigens nicht nur urheberrechtlicher Schutz normiert. Auch die sog. Leistungsschutzrechte werden dort festgelegt. Anders als das Urheberrecht sind diese Leistungsschutzrechte nicht an eine persönliche geistige Schöpfung geknüpft. Stattdessen zielen sie auf den Schutz von wirtschaftlichen und organisatorischen Leistungen ab, die im Zusammenhang mit den Werken der Urheber erbracht werden. Darunter fällt u.a. der Schutz des Tonträgers oder der Veröffentlichung eines Presseerzeugnisses. Der Gedanke dahinter ist simpel: Das Werk an sich ist erst dann wertvoll, wenn es auch in die Gesellschaft eingebracht werden und Gewinne einbringen kann.

Ein wichtiger Unterschied zum Urheberrecht liegt auch darin, dass das Urheberrecht stets nur einem Menschen zustehen kann. Leistungsschutzrechte werden jedoch auch Unternehmen (also juristischen Personen) gewährt. Im Hinblick auf den KI-Anwender oder KI-Programmierer, denen ggf. aufgrund unzureichender Gestaltungsentscheidungen am Werk der KI kein Urheberrecht zustehen kann, sind die Leistungsrechte von Bedeutung. So kann beispielsweise ein Lichtbild, das eine KI vollständig automatisiert geschossen hat, zwar keinen urheberrechtlichen Schutz genießen. Der Aufnahmevorgang kann allerdings aufgrund der vorgelagerten technischen Leistung dem Hersteller zugerechnet werden und daher ein Leistungsschutzrecht nach § 72 UrhG darstellen.

Unter die Leistungsschutzrechte fällt auch das Datenbankherstellerrecht. Danach ist derjenige geschützt, der eine wesentliche Investition zur Schaffung einer Datenbank vorgenommen hat. Im Zusammenhang mit der Schaffung von künstlicher Intelligenz kann unter Umständen der Softwareentwickler schutzbedürftig sein und daher ein Leistungsschutzrecht innehaben.

Im Zusammenhang mit KI ergibt sich aus dem Urhebergesetz folglich nicht nur der urheberrechtliche Schutz des Werks. Werden wirtschaftliche Investitionen vorgenommen, um ein Werk zu gestalten, dann wird das ebenfalls geschützt.

Fazit: Je eher dem Menschen zurechenbar, desto einfacher zu schützen

Das Themengebiet Künstliche Intelligenz und Urheberrecht befindet sich in einer spannenden Entwicklung. Sowohl wenn man seine neu entwickelte künstliche Intelligenz schützen will als auch wenn man versucht, das Ergebnis seiner KI urheberrechtlich zu schützen, kommt es zu spannenden Rechtsfragen. Die große Herausforderung liegt aktuell darin, die Voraussetzung der persönlichen geistigen Schöpfung zu erfüllen, wenn man das Werk einer KI schützen will. Das gelingt, desto eher die KI als technisches Hilfsmittel betrachtet werden kann und je mehr Gestaltungsmöglichkeiten beim Menschen verbleiben.

Werke von höchst autonomen künstlichen Intelligenzen lassen sich zurzeit nicht schützen. Eine Möglichkeit besteht jedoch darin, einen Schutz über Leistungsschutzrechte herbeizuführen, wenn eine schützenswerte wirtschaftliche oder organisatorische Leistung nach dem Urhebergesetz im Zusammenhang mit der Herstellung der KI erbracht wurde.

Auch beim Schutz der KI an sich, also des Computerprogramms, ist Vorsicht angebracht. Die Algorithmen, die allgemein bei jedem Programmieren einer KI gebraucht werden und nicht speziell für die eigene KI entwickelt wurden, werden nicht dem Urheberrecht unterfallen.

Haben Sie Fragen zu diesem oder anderen urheberrechtlichen Themen? Dann sprechen Sie gerne unsere Urheberrechtsexperten von Schürmann Rosenthal Dreyer Rechtsanwälte an und vertrauen Sie auf unsere Expertise!

Erfolg im digitalen Zeitalter: Der Data Act 2024 und seine Chancen für Ihr Unternehmen

Jetzt lesen

Newsletter

Abonnieren Sie unseren monatlichen Newsletter mit Infos zu Urteilen, Fachartikeln und Veranstaltungen.

Mit einem Klick auf "Abonnieren" stimmen Sie dem Versand unseres monatlichen Newsletters (mit Infos zu Urteilen, Fachartikeln und Veranstaltungen) sowie der aggregierten Nutzungsanalyse (Messung der Öffnungsrate mittels Pixel, Messung der Klicks auf Links) in den E-Mails zu. Sie finden einen Abmeldelink in jedem Newsletter und können darüber Ihre Einwilligung widerrufen. Mehr Informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.