Nutzung von Kundendaten im Rahmen eines Asset Deals aus wettbewerbsrechtlicher Sicht

Im Juli 2015 verhängte das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) gegenüber zwei Unternehmen Geldbußen in fünfstelliger Höhe, weil diese im Wege eines sogenannten Asset Deals E-Mail Adressen von Kunden übertragen hatten. In unserem Beitrag vom 19.08.2015 erläuterten wir bereits die datenschutzrechtlichen Grundlagen dieser Entscheidung.

In seiner Erklärung ging das BayLDA jedoch zudem auf die wettbewerbsrechtlichen Aspekte ein. Bei einem Asset Deal, d. h. bei der Übertragung einzelner Rechtsgüter eines Unternehmens auf eine andere Rechtspersönlichkeit, müsse stets eine ausdrückliche Einwilligung des Kunden eingeholt werden, bevor der Erwerber E-Mail-Adressen zu Werbezwecken verwenden darf.

Potentielle Auswirkungen auf die Praxis

Sollte sich diese Auffassung des BayLDA durchsetzen, hätte dies für eine stark wachsende Zahl von Unternehmen hohe Bedeutung.

Für viele Unternehmen bedeutet die Ansprache des Kunden per E-Mail auch außerhalb der reinen Online-Geschäftsfelder eine der wichtigsten Marketingmaßnahmen. Die Einholung einer Einwilligung des Verbrauchers zur Verwendung seiner E-Mail-Adresse für Werbezwecke stellt für die Unternehmen eine hohe praktische Hürde dar. Die Praxis zeigt, dass das mehrmalige Einholen einer ausdrücklichen Einwilligung häufig zu einem signifikanten Verlust von Einwilligungen führt.

Wegen ihrer hohen Relevanz für das Marketing stellen E-Mail-Daten demgegenüber aber häufig einen wesentlichen Teil des Unternehmenswerts dar. Diese Unternehmenswerte würden sich in bedeutendem Maß verringern, falls bei jeder Unternehmenstransaktion eine erneute Einwilligung erforderlich wäre, auch wenn diese bereits vorliegt und sich das angebotene Produkt nicht ändert.

Weder die Rechtsprechung noch die Literatur haben zu dieser praktisch sehr bedeutenden Frage bislang deutlich Stellung genommen. Auch die Erklärung des BayLDA hatte lediglich feststellenden Charakter.

Unterscheidung zwischen Datenschutz- und Wettbewerbsrecht

Die Wertungen des Datenschutzrechts und des Wettbewerbsrechts müssen voneinander getrennt betrachtet werden. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb schützen jeweils unterschiedliche Rechtsgüter. Das BDSG dient dem Schutz des Persönlichkeitsrechts natürlicher Personen. Der Betroffene soll im Wesentlichen selbst bestimmen dürfen, wer in welchem Umfang Zugang zu seinen Daten hat. Demgegenüber zielt das UWG darauf ab, einen fairen marktwirtschaftlichen Wettbewerb zu gewährleisten.

In unserem Beitrag vom 19.08.2015 haben wir die datenschutzrechtliche Seite der Übertragung von Kundendaten behandelt. Demnach kann die Einwilligung der Betroffenen dadurch eingeholt werden, dass diese vor dem Verkauf auf die Datenweitergabe hingewiesen werden und ihnen eine Widerspruchsfrist eingeräumt wird. Nach Ablauf dieser Frist dürfen die Daten übertragen werden.

Die Nutzung der Daten für Zwecke der E-Mail-Werbung wird im Wettbewerbsrecht von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG geregelt. Für die Zulässigkeit der Werbung fordert das Gesetz auch hier eine vorherige ausdrückliche Einwilligung. Die Vorschrift lässt aber nicht deutlich erkennen, ob im Fall eines Asset Deals jeweils von neuem eine Einwilligung einzuholen ist.

Erfordernis der erneuten Einwilligung?

Die heutige Regelung des UWG entstand im Jahr 2004. Sie sollte Verbraucher davor schützen, unverlangt massenweise E-Mail-Werbung (Spam) zu erhalten. Spam-Mails verursachen hohe wirtschaftliche Schäden. Sie bewirken einen bedeutenden Anstieg des Datenaufkommens und verursachen durch die Notwendigkeit ihrer Aussortierung und Beseitigung weitere Kosten. Kommerzielle Adresshändler nutzen einmal erlangte Kundendaten, um diese einer Vielzahl von Erwerbern zugänglich zu machen. Auf diese Weise tragen sie zur Verbreitung von Spam bei. Mit der jetzt bestehenden Regelung sollten derartige Beeinträchtigungen eingeschränkt werden, indem der Kunde seine ausdrückliche Einwilligung zur Nutzung seiner E-Mail-Adresse erteilen muss.

Die Anforderungen an diese Einwilligung sind dementsprechend hoch. Sie muss sich prinzipiell auf das konkrete Unternehmen und auf das konkrete Produkt beziehen. Dementsprechend dürfen neue Produkte nur dann auf Grundlage der bisherigen Einwilligung beworben werden, wenn sie eine hinreichende Ähnlichkeit zu den bisher beworbenen Produkten aufweisen. Ähnlich hoch sind die Voraussetzungen für die Einwilligung in Bezug auf das konkret werbende Unternehmen.

Wenn beim Asset Deal ein Unternehmensteil auf einen Erwerber übergeht, ändern sich zwar die Eigentumsverhältnisse. Der Unternehmensteil als solcher bleibt allerdings bestehen.

Für die Antwort auf die Frage nach dem Erfordernis einer erneuten Einwilligung ist vor allem der Zweck von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG zu beachten. Es ergibt sich, dass dessen Schutzzweck im vorliegenden Fall nicht betroffen ist. Der Kunde erhält weiterhin Werbung für das Produkt, für das er bereits seine Einwilligung erteilt hat. Es entsteht kein höheres Werbeaufkommen als zuvor. Insofern ist von einer Belästigung nicht zu sprechen. Im Gegenteil wäre es für den Kunden ein zusätzlicher, belastender Aufwand, müsste er bei jedem Inhaberwechsel der Daten gesondert ihrer Nutzung zustimmen. Sollte der Kunde es versäumen, seine Einwilligung zu erteilen, bedeutet dies für ihn sogar einen Verlust von Informationen, an deren Erhalt er im Einzelfall ein hohes eigenes Interesse haben kann.

Der Asset Deal ist kein Adresshandel im klassischen Sinn. Die Kundendaten gehen gemeinsam mit dem veräußerten Unternehmensteil auf den Erwerber über. Der Veräußerer verfügt anschließend nicht mehr über die Kundendaten. Dadurch kann er sie nicht mehrfach verkaufen. Auf diese Weise kommt es nicht zu einem erhöhten Werbeaufkommen.

Entgegen vereinzelter Stimmen in der Literatur verfällt nach weit überwiegender Ansicht eine einmal erteilte Einwilligung im Regelfall auch nicht durch Zeitablauf.

Fazit

Die bislang überwiegende Praxis der Unternehmen besteht darin, den Kunden entsprechend der datenschutzrechtlichen Vorgehensweise über die Änderung der Eigentumsverhältnisse zu informieren und ihm ein Widerspruchsrecht in Bezug auf die Verwendung seiner Daten zu Werbezwecken einzuräumen.

Diese Vorgehensweise ist angesichts der bislang nicht eindeutigen Vorgaben von Gesetzgebung und Rechtsprechung die beste noch praktikable Kompromisslösung. Nach der hier dargelegten Argumentation besteht aus rechtlicher Sicht jedenfalls kein Erfordernis, stets eine erneute Einwilligung vom Kunden einzuholen.

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