Rechtsschutz gegen Geschäftsgeheimnisverletzungen: Leitfaden

Viele Unternehmen nennen immaterielle Werte ihr Eigen, die weder nach dem Urheber- noch dem Patent- oder dem Markenrecht geschützt werden können, oder für die sich ein Schutz durch die klassischen gewerblichen Schutzrechte nicht anbietet. Unter der bisherigen Rechtslage konnten Unternehmer eine Verletzung dieser Geschäftsgeheimnisse nur auf teils unsicherer zivilrechtlicher Grundlage oder in besonders schweren Fällen über Strafvorschriften aus dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb verfolgen (lassen).

Das neue Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) bietet dagegen ein nie dagewesenes Maß an Schutz vor Informationsdiebstahl für Unternehmen. In diesem Artikel wird erläutert, wie Unternehmen sich erfolgreich gerichtlich und außergerichtlich gegen den Abfluss von Geschäftsgeheimnissen zur Wehr setzen können, welche Vorkehrungen sie treffen sollten, um im Streitfall zu obsiegen und warum sie keine Offenbarung ihrer Geheimnisse im gerichtlichen Verfahren zu befürchten haben.

Die überwältigende Mehrheit deutscher Unternehmen hat Geschäftsgeheimnisse. Diese stellen vielfach einen bedeutenden wirtschaftlichen Wert für das Unternehmen dar oder sind die Grundlage eines Wettbewerbsvorteils.

Solche Geheimnisse zu schützen ist also keine triviale Pflichtaufgabe, sondern oft unabdingbare Voraussetzung dafür, am Markt erfolgreich aufzutreten.

Das neue Geschäftsgeheimnisgesetz fasst erstmals den Schutz solcher Informationen zusammen, liefert eine brauchbare Definition dafür, was ein Geschäftsgeheimnis ist und bietet einen umfassenden Schutz für solche Informationen.

Was ist ein Geschäftsgeheimnis?

Nach § 2 Nr. 1 des neuen Geschäftsgeheimnisses muss eine Information vier Voraussetzungen erfüllen, um als Geschäftsgeheimnis eingestuft zu werden und damit unter strengem Schutz zu stehen:

  1. Die Information darf in den Kreisen, die üblicherweise mit Informationen solcher Art umgehen, nicht allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich sein.
  2. Sie muss aufgrund der Tatsache, dass sie nicht allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich ist, von wirtschaftlichem Wert sein.
  3. Der rechtmäßige Inhaber muss sie durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen schützen.
  4. Es muss ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung bestehen.

Nach der alten Rechtslage reichte es oft schon, wenn der Unternehmer wollte, dass eine Information nicht öffentlich wird. Die jetzt geforderten angemessenen Maßnahmen legen höhere Maßstäbe an das Vorliegen eines Geheimnisses an.

Welche Vorkehrungen Unternehmen jetzt treffen sollten

Um den vollen Schutz des Gesetzes zu erhalten, bedarf es daher einer klugen Geheimhaltungsstrategie aus drei Schritten.

  • Zuerst gilt es, alle Informationen zu finden, die sinnvollerweise geheim gehalten werden sollten.
  • Dann sollten die Geheimnisse je nach Wichtigkeit für das Unternehmen durch verschiedene Maßnahmen geschützt werden (z. B. NDAs, technische Hürden, Need-to-Know-Prinzip, Verpflichtung von Vertragspartnern zu spezifischen Schutzmaßnahmen).
  • Letztlich gilt es, die getätigten Maßnahmen zu dokumentieren und diese Dokumentation stetig aktuell zu halten.

Nur derjenige, der – Dank seiner Geheimhaltungsstrategie – nachweisen kann, dass die abhanden gekommene Information auf Grund angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen unter seiner Kontrolle war, hat Aussichten im Streitfall zu gewinnen.

Außergerichtlicher Rechtsschutz nach dem Geschäftsgeheimnisgesetz

Im Fall des Abflusses von Geschäftsgeheimnissen können sie folgendes vom Verletzer verlangen:

  • Beseitigung der Beeinträchtigung. Alle Störungen oder Nachteile, die durch die Geheimnisverletzung zustande gekommen sind, hat dieser auch wieder zu beseitigen.
  • Vernichtung oder Herausgabe aller Gegenstände oder Datenträger des Verletzers, die das Geheimnis erhalten oder verkörpern.
  • Rückruf des Rechtsverletzenden Produkts.
  • Dauerhafte Entfernung der rechtsverletzenden Produkte aus dem Vertriebsweg.
  • Vernichtung der rechtsverletzenden Produkte.
  • Rücknahme der rechtsverletzenden Produkte vom Markt, wenn der Schutz des Geschäftsgeheimnisses dadurch nicht beeinträchtigt wird.
  • Auskunft über Produkte, die wegen der Geheimnisverletzung hergestellt wurden sowie über deren Hersteller, Menge oder Vertriebswege. Ohne Auskunft über das Ausmaß der Verletzung, können Unternehmen wäre es in vielen Fällen schwierig, Rechtsschutz zu suchen.
  • Auskunft über die Gegenstände und Datenträger des Verletzers, die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder verkörpern. § 8 Abs. 1 Nr. 3
  • Auskunft über die Person(en) von denen der Verletzer das Geheimnis erlangt hat oder dem er es offenbart hat. § 8 Abs. 1 Nr. 4
  • Ersatz des durch den Geheimnisabfluss entstandenen Schadens. Bei der Berechnung der Höhe dieses Anspruchs kann der vom Verletzer erzielte Gewinn und eine Lizenzgebühr herangezogen werden, die der Verletzer zur legalen Nutzung des Geheimnisses hätte zahlen müssen.

Nach der Implementierung einer Geheimhaltungsstrategie sind Sie auf den Ernstfall der Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses vorbereitet. Doch wie handeln Sie, wenn dieser Ernstfall eintritt?

Wichtig ist zunächst zu wissen, welche Person oder welches Unternehmen hinter der Verletzung der Geheimhaltung steht. Eine Klage gegen unbekannte Verletzer gibt es nicht. Dieses Instrument gibt es nur bei der Strafanzeige.

Sofern klar ist, von wem der Geheimhaltungsbruch ausgeht, kann der Unternehmer überlegen, ob er zunächst außergerichtlich oder direkt im Wege des gerichtlichen Eilrechtsschutzes bzw. im Klageverfahren vorgeht. Auch wenn Sie als Verletzter davon ausgehen, dass der Täter nicht auf die Abmahnung reagieren wird, sollten Sie trotzdem versuchen, diesen vor Klageerhebung abzumahnen. Nur so können sie den Nachteil des sofortigen Gangs vor Gericht verhindern. Die sofortige Klageerhebung ohne vorherige Abmahnung, kann nämlich dazu führen, dass der Antragssteller bzw. Kläger die Verfahrenskosten ggf. auch im Fall des Obsiegens selbst tragen muss.

Viele Unternehmer scheuen den Gang vor Gericht aufgrund von nicht sicher vorhersagbaren Variablen, wie z. B. der Verfahrensdauer, dem Prozessrisiko und der Kostenverteilung. Als niedrigschwellige Alternative zur Klageerhebung empfiehlt sich für solche Fälle die Abmahnung. Mit dieser wird der Verletzer dazu aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben, bei deren Verletzung er eine Strafe zu zahlen hat. Es spricht also vieles dafür, zunächst diesen Weg zu wählen.

Bei der Formulierung der sogenannten strafbewehrten Unterlassungserklärung gilt es dann ein paar Punkte zu beachten:

Das verletzte Geheimnis sollte möglichst genau benannt werden. Die Unterlassungserklärung sollte weiterhin detailliert darlegen, wie dieses Geheimnis verletzt wurde. Nur so kann der Empfänger wissen, welches Verhalten er in Zukunft genau zu unterlassen hat. Der in der Erklärung geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Geheimnisverletzung setzt darüber hinaus voraus, dass eine Wiederholungsgefahr besteht. In vielen Fällen reicht ein erster Verstoß aus, damit eine Wiederholungsgefahr vorliegt.

Der Schutz nach dem GeschGehG setzt eine lückenlose Geheimhaltung der jeweiligen Information voraus. Jedoch gibt man durch die genaue Formulierung der Abmahnung des Geheimnisses zumindest gegenüber dem Adressaten die Geheimhaltung auf. Gerade deshalb sollte die Abmahnung auch eine empfindliche Strafe für den Fall vorsehen, dass der Verletzer weiterhin den Geheimnisschutz unterläuft. So kann die Geheimhaltung einer Information auch im Konfliktfall gewahrt werden.

Gerichtlicher Rechtsschutz nach dem GeschGehG

In vielen Fällen wird ein gerichtliches Vorgehen durch eine sauber formulierte und präzise Abmahnung obsolet. Die Erfolgsaussichten der Abmahnung stehen und fallen jedoch mit der Kooperation des Rechtsverletzers. Wenn dieser sich weigert, eine Unterlassungserklärung abzugeben, kommen Sie um die Erhebung einer Klage nicht herum.

Im Fall einer Klage sollte man durch einen Antrag vor Gericht sicherstellen, dass nur eine gewisse Anzahl an Beteiligten und nicht die generell vorgeschriebene Öffentlichkeit am Prozess teilnehmen kann. Zuwiderhandlungen gegen den Geheimschutz kann das Gericht dann mit einem Ordnungsgeld von bis zu 100.000 EUR belegen.

Ausnahmen beachten

Wie zu fast jeder Regel gibt es jedoch auch beim Schutz von Geschäftsgeheimnissen Ausnahmen. So hat der Gesetzgeber die Veröffentlichung von Geheiminformationen durch Whistleblower und Journalisten, die Missstände aufklären wollen, ausdrücklich erlaubt. In solchen Fällen ist die Durchsetzung eigener Rechte zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Jedoch sollten Betroffene auf jeden Fall anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, um einen so komplizierten Fall in den Griff zu bekommen. Eine weitere durch die Reform eingeführte Ausnahme war im deutschen Geschäftsgeheimnisschutz bisher nicht anerkannt. So ist das sogenannte Reverse-Engineering von Produkten zum Zweck der Aufdeckung von Geschäftsgeheimnissen nun zulässig. Gegen diese Gefahr kann man sich höchstens im Verhältnis zu Geschäftspartnern schützen, indem man das Reverse-Engineering vertraglich ausschließt.

Fazit

Das Geschäftsgeheimnisgesetz bietet dem Betroffenen viele Möglichkeiten. Wer sich rechtlich gut beraten lässt, kann auch außergerichtlich in vielen Fällen sein Recht schnell und unkompliziert durchsetzen. Die Anforderungen daran, was ein Geschäftsgeheimnis ist, sind zwar höher geworden. Doch dem steht dafür ein deutliches Plus an rechtlichen Möglichkeiten im Konfliktfall gegenüber.

 

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