Telefonmarketing und Datenschutz – Opt-Ins und neue Pflichten

Beliebtes Mittel von Unternehmen, um Produkte und Dienstleistungen zu vertreiben, Kundenakquise zu betreiben und der Marke eines Unternehmens eine Stimme zu geben, ist das Telefonmarketing. Auch wenn der Großteil des Werbeverkehrs inzwischen via E-Mail stattfindet, ist das Phänomen des Telefonmarketings immer noch gegenwärtig.

Rechtlicher Ausgangspunkt

Für das Telefonmarketing ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) von Relevanz, da Werbung wettbewerbsrechtliche Bedeutung hat. Daneben muss auch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beachtet werden, denn im Rahmen der Werbung werden personenbezogene Daten verarbeitet. Hinsichtlich des Verhältnisses der beiden Gesetze herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass sie nebeneinander gelten. Ausgangspunkt ist § 7 UWG, der die Unzulässigkeit von geschäftlichen Handlungen normiert, die einen Marktteilnehmer unzumutbar belästigen. Regelfälle der unzumutbaren Belästigung finden sich in § 7 Abs. 2 UWG. In Nr. 2 wird ausdrücklich Werbung mit einem Telefonanruf als eine unzumutbare Belästigung qualifiziert. Eine solche liege nur dann nicht vor, wenn vorher von einem Verbraucher (vgl. § 13 BGB) eine ausdrückliche Einwilligung oder von einem sonstigen Marktteilnehmer (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG) eine mutmaßliche Einwilligung für das Telefonmarketing erteilt wurde. Die Vorschrift dient dem Schutz der privaten und geschäftlichen Sphäre des Umworbenen. Werbung gemäß § 7 UWG ist jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Diese Definition ist grundsätzlich weit zu verstehen, denn die Rechtsprechung hat in verschiedenen Entscheidungen eine großzügige Interpretation des Werbebegriffs vorgenommen. Danach gehören nach der Rechtsprechung zu Werbung:

  • Kundenzufriedenheitsanfragen (vgl. BGH, Urt. 10.07.2018, Az. VI ZR 225/17)
  • Service-Calls mit Werbung als untergeordneter Zweck (OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2019, Az.: 15 U 37/19)
  • Gutscheine für das gesamte Sortiment (LG Frankfurt, Urt. v. 22.03.2018, Az.: 2-03 O 372/17)
  • Autoresponder-Mails, die auch Werbung beinhalten (BGH, Urt. v. 15.12.2015, Az.: VI ZR 134/15)
  • Nachricht über gemeinnütziges Projekt eines (nicht gemeinnützigen) Unternehmens – mittelbar für Werbezwecke, z. B. Außendarstellung und Absatzförderung (OLG Frankfurt, Urt. v. 06.10.2016, Az.: 6 U 54/16)
  • „Tell-a-friend“-Einladungen via soziale Netzwerke (BGH, Urt. v. 14.01.2016, Az.: I ZR 65/14

Die Einwilligung

Die Erteilung der Einwilligung muss sich auf die Zustimmung zum Telefonmarketing beziehen. Für den Zeitpunkt der Erteilung der Einwilligung ist maßgeblich, dass diese nicht erst mit dem Werbeanruf erfolgt. Ausschlaggebend ist, dass sie bereits davor vorgelegen haben muss, da sonst mit dem Werbeanruf schon die Belästigung eingetreten ist. Die Anforderungen an die Einwilligung aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ergeben sich aus der DSGVO. Demnach muss die Einwilligung, freiwillig, bestimmt, informiert, unmissverständlich, mit Widerrufsmöglichkeit und nachweisbar sein (vgl. Art. 7, 4 Nr. 11 DSGVO). Während für das E-Mail-Marketing das sog. Double-Opt-In-Verfahren standardmäßig verwendet wird, ist dieses beim Telefonmarketing zur Einholung der Einwilligung nicht unbedingt geeignet.

Dies stellte der BGH in seinem Urteil v. 10.2.2011 (Az. I ZR 164/09) fest. Danach sei das elektronische Double-Opt-In-Verfahren von vorneherein ungeeignet eine Einwilligung von Verbrauchern mit Werbeanrufen zu belegen. Es sei nicht immer sicher, so der BGH, dass auch ein Zusammenhang zwischen der Telefonnummer und der E-Mail-Adresse bestünde. Möglich ist, dass auf ein Telefon mehrere Personen Zugriff haben, sodass andere Personen, die nicht in Telefonwerbung eingewilligt haben, belästigt werden könnten. Für das Telefonmarketing sollte daher eher auf eine an das sog. „Handshake-Verfahren“ angelehnte Prozedur abgestellt werden. Danach können bestimmte Informationen vom Anbieter per „Handshake-SMS“ an das Telefon des potenziellen Kunden übersandt werden. Eine entsprechende Rückmeldung, welche die Einwilligung dann bestätigen soll, kann durch eine Antwort-SMS erfasst werden. Realistischer ist es aber wohl, dass die Erteilung der Einwilligung in einem Telefongespräch per Tonaufnahme festgehalten wird, wenn in diese selbst nochmals eingewilligt wurde.

Dokumentationspflicht der Einwilligung

Mit der Verabschiedung des Gesetzes für faire Verbraucherverträge am 10.08.2021 wurde mit Art. 3 des Gesetzes das UWG geändert. Neu eingeführt wurde der § 7a UWG, der für werbetreibende Unternehmen eine branchenspezifische Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten der Einwilligung in Telefonwerbung vorsieht. Gegenstand der Dokumentation ist das Vorliegen einer Werbeeinwilligung von einer Person, die es wünscht zu Werbezwecken angerufen zu werden. Zweck der neuen Norm ist die effiziente Bewertung und Sanktion von unerlaubter Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern. Die Regelung ist zum 01.10.2021 in Kraft getreten.

§ 7a Einwilligung in Telefonwerbung

(1) Wer mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher wirbt, hat dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung in die Telefonwerbung zum Zeitpunkt der Erteilung in angemessener Form zu dokumentieren und gemäß Absatz 2 Satz 1 aufzubewahren.

(2) Die werbenden Unternehmen müssen den Nachweis nach Absatz 1 ab Erteilung der Einwilligung sowie nach jeder Verwendung der Einwilligung fünf Jahre aufbewahren. Die werbenden Unternehmen haben der nach § 20 Absatz 3 zuständigen Verwaltungsbehörde den Nachweis nach Absatz 1 auf Verlangen unverzüglich vorzulegen.“

Adressat

Der offen formulierte Wortlaut des § 7a UWG adressiert die Dokumentationspflicht in Abs. 1 an denjenigen, der „mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher wirbt“. Das trifft also grundsätzlich jeden. In der Regel wird das werbende Unternehmen, dessen Waren oder Dienstleistungen bei dem Anruf beworben werden sollten, betroffen sein, jedoch auch Dienstleister, also z.B. Betreiber von Callcenter oder Organisatoren von Gewinnspielen. Das „Wer“ stellt jedenfalls auf die handelnde Person ab. Auch nach Ansicht der Bundesnetzagentur (BNetzA) betreffen die Dokumentationspflichten den Auftraggeber, in der Regel das werbende Unternehmen, und das Call Center. Der personelle Anwendungsbereich verläuft damit parallel zu § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Die Aufbewahrungspflicht, also die Pflicht den Nachweis der Erteilung der Einwilligung erbringen zu können, trifft hingegen nur „die werbenden Unternehmen“. Daraus könnte man schließen, dass nur das werbende Unternehmen und nicht entsprechende Dienstleister diese Pflicht erfüllen müssen. Jedoch könnte die Formulierung im Plural auch so zu verstehen sein, dass alle an der Telefonwerbung beteiligten Unternehmen, also auch die durchführenden Dienstleister ebenso wie dessen Auftraggeber, die dokumentierte Einwilligung aufzubewahren haben.

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Art und Weise & Umfang der Dokumentation

Die Einwilligung bedarf der „angemessenen Form“, wie § 7a Abs. 1 UWG vorgibt. Damit ist die Form der Dokumentation durch den Gesetzestext bewusst offen gestaltet und an die Form des jeweiligen Marketings anpassbar. Demnach kann eine Dokumentation mündlich, zum Beispiel durch Tonaufzeichnungen, erfolgen. Nach der Gesetzesbegründung des Bundestages muss sie allerdings „derart dokumentiert sein, dass wahrscheinlich ist, dass die personenbezogenen Daten und die entsprechende Einwilligung zur werblichen Verwendung tatsächlich über den behaupteten Weg eingeholt wurden […]“. Die BNetzA stellt für die Form folgendes Anforderungsprofil für die Dokumentation auf, um der angemessenen Form zu entsprechen:

  • vollständig
  • aussagekräftig
  • transparent / für außenstehende Dritte nachvollziehbar
  • wahrheitsgemäß
  • manipulationssicher
  • aktuell.

Auch Inhalt und Umfang der Einwilligung müssen dokumentiert werden. Dazu gehören als Daten des Einwilligenden jedenfalls Vor- und Nachname, Wohnanschrift und die eigentliche Abgabe der Einwilligung. Auf der anderen Seite müssen auch die Daten des die Einwilligung Einholenden festgehalten werden, wobei Firma und Firmensitz mit Adresse sowie der vollständige Name des unmittelbar beteiligten Erklärungsempfängers, in der Regel wohl der konkrete Callcenter Agent, der Einwilligung nötig sind. Ebenfalls muss in der Dokumentation selbst deutlich erkennbar sein, worauf sich die Werbeeinwilligung bezieht, also welche Produkte und welche Leistungen von der Einwilligung umfasst sind.


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Aufbewahrungspflicht der Einwilligung

Das werbende Unternehmen muss den Nachweis über die Einwilligung ab Erteilung sowie nach jeder Verwendung der Werbeeinwilligung für fünf Jahre aufbewahren. Die Aufbewahrungspflicht geht damit mit dem Schutz vor Veränderung und Löschung der Dokumentationsdaten einher. Für die Modalität der Aufbewahrung führt das BNetzA aus, dass die Aufzeichnungen auf einem Datenträger derart gespeichert werden müssen, dass sie der zuständigen Behörde zugänglich gemacht werden und nicht manipuliert oder verändert werden können. Damit einher gehen auch die leichte Zugänglichkeit und Verfügbarkeit des Dokumentationsdatensatzes. Außerdem verpflichtet sich ein Unternehmen, der Bundesnetzagentur die Einwilligung auf Verlangen unverzüglich vorzulegen, wie § 7a Abs. 2 Satz 2 UWG regelt.

Fazit

Wer ohne Einwilligung einen Werbeanruf vornimmt, muss nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UWG mit einem Bußgeld rechnen. Ebenso ist ein Verstoß gegen die aus § 7a Abs. 1 UWG resultierende Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht ist nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 UWG bußgeldbewehrt. Die BNetzA hat die Aufgabe die Einhaltung der Vorschriften zu überwachen. § 7a UWG weist Parallelen zu Art. 7 Abs. 1 DSGVO auf, wonach Datenverarbeiter ebenfalls einer Nachweispflicht, als Beweislastregel, unterliegt. Nach der Bundesnetzagentur ist § 7a UWG eine branchenspezifische Konkretisierung der in Art. 7 Abs. 1 DSGVO vorgesehenen Nachweispflicht. Neben der gesetzlichen Konkretisierung kommt die öffentlich-rechtliche Pflicht der unverzüglichen Vorlage gem. § 7a Abs. 2 Satz 2 UWG hinzu. Für Unternehmen, die bereits Einwilligungen nutzen, können diese für Werbeanrufe weiterverwenden, solange eine entsprechende Dokumentation nach § 7a UWG eingerichtet wird oder vorliegt. Die BNetzA wird künftig Auslegungshinweise für § 7a UWG formulieren. Bisher kann nur auf die Konsultation zu den Auslegungshinweisen der BNetzA zurückgegriffen werden.

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