Die Digitalisierung der Krankenhäuser – das Krankenhauszukunftsgesetz

In Sachen Digitalisierung besteht in einigen Bereichen akuter Nachholbedarf – darunter auch im Gesundheitssektor, insbesondere in Krankenhäusern. Gerade zu Zeiten der Pandemie wurde die immense Bedeutung einer intakten Krankenhausinfrastruktur nochmals ins Bewusstsein gerufen. Um eine hochwertige und moderne Patient:innenversorgung gewährleisten zu können, müssen Kliniken in Sachen Digitalisierung dringend aufholen. Zu diesem Zweck startete das „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“ der Bundesregierung. Teil dieses Programmes ist unter anderem das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG), das am 29.10.2020 in Kraft getreten ist. Im Rahmen eines großen Finanzierungsplans, dem Krankenhauszukunftsfonds, stellen Bund und Länder insgesamt 4,3 Milliarden Euro zur Finanzierung der Vorhaben unter anderem aus dem KHZG zur Verfügung. Mit dieser Summe sollen die Krankenhäuser auf den neuesten Stand gebracht werden, von einer besseren digitalen Infrastruktur profitieren und moderne Notfallkapazitäten abdecken können. Die Digitalisierung soll ermöglichen, dass Krankenhausangestellte im beruflichen Alltag mehr Zeit für das Wesentliche haben – die individuelle Beratung und Betreuung der Patient:innen. Die Potenziale, die das KHZG zu bieten hat und was dies für Krankenhausträger bedeutet, beleuchten wir für Sie im Folgenden.

KI im Gesundheitswesen

Regelungsumfang des KHZG

Das KHZG ist ein Änderungsgesetz, das heißt, es modifiziert bereits bestehende Gesetze. Das betrifft unter anderem die Änderung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG). § 14a KHG sieht einen Krankenhauszukunftsfonds vor, der die finanzielle Förderung notwendiger Investitionen in Krankenhäusern betrifft. Umfasst davon ist

  • die technische und insbesondere die informationstechnische Ausstattung der Notaufnahmen,
  • die digitale Infrastruktur zur Förderung der internen, innersektoralen und sektorenübergreifenden Versorgung von Patient:innen,
  • die Informationssicherheit und
  • die gezielte Entwicklung und die Stärkung wettbewerbsrechtlich zulässiger regionaler Versorgungsstrukturen, ebenfalls mit Blick auf Krisenzeiten.

Um diese Zwecke der Finanzierung zu konkretisieren und klarer zu fassen, formuliert die Krankenhausstrukturfonds-Verordnung (KHSFV) konkreter, welche förderfähigen Vorhaben abgedeckt werden sollen (vgl. § 12 Abs. 3 KHG). Dafür wurde ein neuer Teil 3 in die Verordnung eingefügt, der genaue Ausführungen zu den Investitionen nach § 14a KHG macht. In § 19 KHSFV werden die förderfähigen Vorhaben, die über den eingerichteten Fond finanziert werden können, aufgelistet.

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Die förderfähigen Vorhaben

Die förderfähigen Vorhaben werden in § 19 Abs. 1 Nr. 1-11 KHSFV aufgezählt. Sie sollen zur Digitalisierung der Prozesse und Strukturen im Verlauf eines Krankenhausaufenthaltes von Patient:innen beitragen. Vor allem moderne Notfallkapazitäten und eine bessere digitale Infrastruktur stehen dabei im Mittelpunkt.

  • Fördertatbestand Nr. 1 fördert die technische und insbesondere die informationstechnische Ausstattung der Notaufnahme eines Krankenhauses.
  • Fördertatbestand Nr. 2 betrifft digitale Patientenportale.
  • Fördertatbestand Nr. 3 erfasst Einrichtungen zur vereinfachten Dokumentation von Pflege- und Behandlungsleistungen.
  • Fördertatbestand Nr. 4 nimmt die Einrichtung teil- oder vollautomatisierter klinischer Entscheidungsunterstützungssysteme in die Förderung hinein.
  • Fördertatbestand Nr. 5 will das digitale Medikationsmanagement fördern.
  • Fördertatbestand Nr. 6 umfasst digitale Leistungsanforderungen und Rückmeldungen für Kommunikationsprozesse.
  • Fördertatbestand Nr. 7 listet flächendeckende, bedarfsgerechte und spezialisierte stationäre Versorgung, insbesondere mittels Cloud-Computing-Systeme.
  • Fördertatbestand Nr. 8 regelt den onlinebasierten Versorgungsnachweis für Betten zur Kommunikation zwischen Krankenhäusern.
  • Fördertatbestand Nr. 9 bezieht sich auf telemedizinische Netzwerkstrukturen zur Kommunikation zwischen Krankenhäusern.
  • Fördertatbestand Nr. 10 will technische und organisatorische Maßnahmen zur Vermeidung von Störungen der informationstechnischen Systeme fördern.
  • Und schließlich sieht Fördertatbestand Nr. 11 förderfähige Anpassungen im Falle einer Epidemie vor.

Wollen Krankenhausträger in den Fördertatbeständen Nr. 2-6 und Nr. 9 genannte Vorhaben mit Hilfe des Finanzierungsfonds abdecken, müssen die in § 19 Abs. 2 KHSFV genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Zum einen muss eine Interoperabilität der digitalen Dienste bestehen (vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 1 KHSFV). Die digitalen Services sollen den Digitalisierungsgrad erhöhen, indem sie interoperabel in die gesamte IT-Struktur des Klinikums eingebettet werden. Dies dient der Vermeidung von Medienbrüchen mit der Folge, dass Daten nicht mehrfach in verschiedenen Systemen erfasst werden müssen. Insgesamt soll die Binnendigitalisierung in Krankenhäusern gestärkt werden. Zusätzlich sollen jedoch weiterhin nicht-digitale Komponenten zur Förderung eingesetzt werden.

Zum anderen müssen bestimmte Vorgaben aus dem fünften Sozialgesetzbuch berücksichtigt werden (vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 2 KHSFV). Weiterhin müssen die generierten Daten in die elektronische Patientenakte übertragen werden können.

Die bezifferten Vorhaben werden darüber hinaus nur dann gefördert, wenn Maßnahmen zur Gewährleistung der Informationssicherheit bedacht werden (vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 4 KHSFV).

Wichtig ist außerdem, dass in § 19 KHSFV keine Rechtsgrundlagen für einen Datenaustausch zu finden sind. Vielmehr soll der bereits rechtlich bestehende Austausch an Daten digitalisiert werden. Dabei gilt es, die datenschutzrechtlichen Vorschriften, insbesondere Art. 5, 25, 32 DSGVO und die Betroffenenrechte, einzuhalten (vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 5 KHSFV).


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Praktische Umsetzung in Krankenhäusern

Für die Modernisierung von Notaufnahmen, wie Fördertatbestand Nr. 1 als Vorhaben qualifiziert, können insbesondere bauliche Maßnahmen zur räumlichen Ausstattung von Notaufnahmen getroffen werden. Daneben ist auch die technische und insbesondere informationstechnische Ausstattung als wichtige Voraussetzung für eine digitale Vernetzung und Zusammenarbeit mit anderen Akteur:innen der Notfallversorgung anzusehen. Dem Stand der Technik nach könnten z. B. die Nutzung von Robotik zur Desinfektion von Oberflächen vorgesehen werden. Eine weitere Maßnahme zur Modernisierung ist die Barrierefreiheit der Notaufnahmen.

Für die Einrichtung von Patient:innenportalen nach Fördertatbestand Nr. 2 können Krankenhäuser ein digitales Aufnahme- und Entlassungsmanagement einführen. Dabei können die Phasen der Aufnahme, der Behandlung und der Entlassung mit Schwerpunkt auf eine Ablauforganisation, Dokumentation und Kommunikation gezielt gefördert werden. Der digitale Informationsaustausch zwischen den behandelnden Ärzt:innen, dem Pflegepersonal und den Patient:innen kann so während und nach der Behandlung im Krankenhaus schneller und einfacher abgewickelt werden. Gleiches gilt für die Übermittlung von Informationen zwischen Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen und den Krankenkassen. Zum Beispiel könnte eine digitale Terminvereinbarung das Zeitmanagement erleichtern. Auch der Informationsaustausch zur aktuellen Medikation, die Anamnese und die Patientenaufklärung wären mögliche Funktionen eines Patientenportals.

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Einrichtungen zu einer durchgehenden, strukturierten elektronischen Dokumentation von Pflege- und Behandlungsleistungen, die auch eine automatisierte und sprachbasierte Dokumentation von Pflege- und Behandlungsleistungen unterstützen, sind nach Fördertatbestand Nr. 3 förderfähig. Krankenhäuser könnten zu deren praktischer Umsetzung die Anbindung digitaler medizintechnischer Geräte zur automatischen Datenübermittlung in zentrale elektronische Dokumentationssysteme (insbesondere Krankenhausinformationssysteme) nutzen. Dies ist auch die Grundlage für die Implementierung weiterer digitaler Dienste.

Fördertatbestand Nr. 4, also die Einrichtung teil- oder vollautomatisierter Entscheidungsunterstützungssysteme, könnte zur Prüfung von Wechselwirkungen z. B. bei der Medikation eingesetzt werden. Auch beim Abgleich von Checklisten könnten durch automatisierte Systeme Erleichterung schaffen. Hier wird der Einsatz vornehmlich von Systemen der Künstlichen Intelligenz zum Zwecke der Steigerung der Versorgungsqualität erwartet.

Im Rahmen des digitalen Medikationsmanagements nach Fördertatbestand Nr. 5 können Krankenhäuser zentrale und dezentrale Arzneimitteldistributions- und Stellsysteme einrichten. Mittels robotikbasierter Systeme kann die Distribution zu personeller Entlastung für Krankenhausangestellte führen. Um dennoch die Arzneimitteltherapiesicherheit zu gewährleisten, könnten Scansysteme zur Verifikation des Nutzenden eingerichtet werden.

Fördertatbestand Nr. 6 möchte die Geschwindigkeit von Kommunikationsprozessen erhöhen und gleichzeitig zu einer Reduktion von Behandlungsfehlern führen. Dazu sollen digitale Prozesse beitragen, bei denen durch Anwendung eines digitalen Systems verschiedene Verordnungen wie zum Beispiel die Arzneimittelversorgung und die entsprechende digitale Rückmeldung der Daten erfolgen können. Dadurch können Ergebnisse und etwaige Befunde schneller berücksichtigt werden und zum Beispiel im Rahmen der Visite unmittelbar weiterverarbeitet werden.

Um eine flächendeckende, bedarfsgerechte und spezialisierte stationäre Versorgung, wie in Fördertatbestand Nr. 7 beschrieben, zu fördern, wäre es denkbar, Krankenhausverbünde zu bilden. Dadurch könnten Doppelstrukturen aufgelöst werden und konkrete Leistungsschwerpunkte gebildet werden, wodurch die medizinische Behandlungskompetenz wiederum erhöht würde. Dieses Ziel könnte vor allem durch den Einsatz von sog. Cloud Computing Systemen erreicht werden. Dabei werden einrichtungs- und trägerübergreifende IT-Strukturen zentral zur Verfügung gestellt. Problematisch könnte dies jedoch vor dem Hintergrund des Wettbewerbsrechts sein, weshalb die wettbewerbsrechtliche Compliance solche Projekte besonders genau überprüfen sollte.

Für den onlinebasierten Versorgungsnachweis für Betten, der nach Fördertatbestand Nr. 8 gefördert werden kann, sollten Kliniken Systeme einsetzen, die den Bettennachweis in Echtzeit erbringen können. Einige Krankenhäuser nutzen bereits ein solche Systeme (wie zum Beispiel IVENA eHealth). Dadurch kann, insbesondere in Notfällen, eine gleichmäßige und bedarfsgerechte Zuordnung nach verfügbaren Kapazitäten getroffen werden.

Wenn Kliniken eine Förderung für Vorhaben aus Fördertatbestand Nr. 9 anstreben, können hiernach telemedizinische Netzwerke zwischen Krankenhäusern und Rettungsdiensten gefördert werden. Unter Telemedizin versteht man medizinische Leistungen, die über eine räumliche Distanz angeboten werden. Zum Beispiel können telemedizinische Fernuntersuchungen via Bild- und Tonübertragung durch eine App oder Ähnliches dadurch gefördert werden.

Gerade bei sensiblen Daten, wie solchen, die im Krankenhaus Gegenstand sind, sind Maßnahmen zur Verbesserung der IT- bzw. Cybersicherheit, wie in Fördertatbestand Nr. 10, förderfähig.

Fördertatbestand Nr. 11 sieht die Förderfähigkeit der räumlichen Gegebenheiten im Falle einer Epidemie vor. Dadurch sollen die effektive Implementierung von Hygienekonzepten und Abstandsregelungen sichergestellt werden. Krankenhäuser könnten beispielsweise sich dadurch Modernisieren, dass ein möglicher Einbau erforderlicher Schleusen vor Patient:innenzimmern vorgesehen wird.

Fazit

In Richtung Digitalisierung im Gesundheitssektor wurde mit dem KHZG ein wichtiger Schritt getan. Nun gilt es, die Potentiale des Gesetzes vollständig auszuschöpfen. Laut Bundesamt für Soziale Sicherheit belaufen sich die Anträge derzeit auf 6076 Stück. Bislang seien bereits über 3,036 Milliarden Euro an Fördermitteln beantragt und über 861 Millionen Euro an Fördermitteln bewilligt worden. Um den Fortschritt der Digitalisierung festzustellen, sind Evaluierungen durchzuführen. Dabei wird der Umsetzungsstand digitaler Maßnahmen erfragt und dient der Einschätzung, inwieweit die Versorgung der Patient:innen durch die Förderung verbessert wurde. Die erste Evaluierung war für 30. Juni 2021 angesetzt. Trotz der Chancen, die das KHZG bietet, sollte besonders auf ein gutes und lückenloses IT-Sicherheitssystem geachtet werden. Daten, die in einem Krankenhaus verarbeitet werden, sind in der Regel besonders sensible Gesundheitsdaten nach Art. 9 DSGVO.

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