Vergleichende Werbung: höher, schneller, weiter?

Update 19.07.2019

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, als Unternehmen für sein Angebot zu werben. Sogenannte vergleichende Werbung bietet den Vorteil, die eigenen Vorzüge nicht bloß allgemein, sondern speziell gegenüber den Mitbewerbern herauszustellen. Werbung kann immer dann vergleichend sein, wenn das eigene Produkt mit einem anderen in Bezug gesetzt wird, etwa wenn für das eigene Waschmittel „mit höherer Waschkraft“ geworben wird.

Doch nicht immer liegt auch wirklich vergleichende Werbung im Sinne des Gesetzes vor und sie ist auch nicht jedes Mal zulässig. Die rechtliche Bewertung kann im Einzelfall durchaus schwierig vorzunehmen sein.

Förderung des Wettbewerbs und Schutz der Verbraucher

Zentrale Norm ist § 6 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), die auf den Vorgaben der europäischen Richtlinie RL 2006/1114/EG beruht. Sie definiert vergleichende Werbung als „jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht“. Liegt danach vergleichende Werbung vor, muss geprüft werden, ob einer der Spezialfälle des Abs. 2 vorliegt, in denen sie nicht zulässig ist – denn im Grundsatz ist sie erlaubt und nur im Ausnahmefall verboten.

Diese Wertung entspringt ebenfalls der zugrundeliegenden Richtlinie, die die vergleichende Werbung prinzipiell als positiv bewertet. Sie könne dabei helfen, über Vor- und Nachteile vergleichbarer Produkte objektiv zu informieren: das fördere den Wettbewerb zwischen den Anbietern im Interesse der Verbraucher, die so aus dem Binnenmarkt den größtmöglichen Vorteil ziehen könnten. Das Gesetz soll dann mit den Ausnahmegründen nur noch vor potenziellen Nachteilen schützen. Bei der Frage, ob eine konkrete vergleichende Werbung zulässig ist, sind die Interessen des Werbenden, der anderen Mitbewerber sowie der Verbraucher sinnvoll miteinander in Einklang zu bringen.

Wann liegt vergleichende Werbung vor?

Die Werbung
Werbung im Sinne des Gesetzes ist sehr weit gefasst. Alles, was man klassisch unter Werbung versteht, fällt genauso unter den Begriff wie alle anderen Äußerungen zum Absatz eigener Produkte. Das können zum Beispiel konkrete Verkaufsangebote sein oder die Erwähnung wissenschaftlicher Untersuchungen zu eigenen Zwecken genauso wie jegliche werbliche Direktansprachen von Kunden.

Der Vergleich
Was ist nun unter einem Vergleich zu verstehen? Der EuGH sieht das recht einfach und möchte Angaben zum eigenen sowie zum fremden Angebot gegenübergestellt, nicht einmal bewertet, sehen. Dies kann beispielsweise bereits bei Vergleichslisten eigener und fremder Produkte der Fall sein.

Wirbt man bloß für die eigenen Produkte oder bemängelt man umgekehrt die anderer Unternehmen, fehlt es an der notwendigen Bezugnahme. Kritisiert man ein Unternehmen dafür, dass es seinen Getränken zu viel Zucker beimischt, ohne gleichzeitig auf das eigene Angebot zu verweisen, mag zwar wegen absatzfördernder Absicht eine Werbung, aber eben keine vergleichende vorliegen.

Der BGH hat zudem festgestellt, dass die eigenen gegenüber den fremden Produkten als Kaufalternative präsentiert werden müssen. Ein Hersteller von Aluminiumrädern hatte damit geworben, dass seine Produkte an einem Porschefahrzeug montiert waren. Da Aluminiumräder augenscheinlich keine Alternative, sondern vielmehr eine Ergänzung zu einem Porsche sind und der gute Ruf des Autoherstellers genutzt werden sollte, lag keine vergleichende Werbung vor.

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Vergleichende Werbung: Nicht immer zulässig

Da die vergleichende Werbung grundsätzlich vom Gesetzgeber begrüßt wird, soll sie nur in den Fällen verboten sein, in denen die Zwecke – die Förderung des Wettbewerbs und die Information der Verbraucher – nicht begünstigt, sondern eher beeinträchtigt werden. Dafür beschreibt der § 6 UWG sechs sogenannte Unlauterkeitsgründe, die im Folgenden näher beschrieben werden sollen.

1. Gleicher Bedarf und dieselbe Zweckbestimmung

Der Vergleich muss sich erstens auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung beziehen. Damit ist gemeint, dass die verglichenen Produkte hinreichend austauschbar sein müssen, was nicht zu eng verstanden werden sollte. Es können sogar Medikamente mit verschiedenen Wirkstoffen oder Anwendungsgebieten miteinander verglichen werden, genauso wie Leitungs- mit Mineralwasser und hochwertige Luxusprodukte mit billiger Massenware. Die Grenze ist erreicht, wenn die Funktionen wirklich auseinanderfallen. So wurden eine Wirtschaftszeitung und eine Lotteriegesellschaft mit dem Ziel der Geldvermehrung des Kunden miteinander in Bezug gesetzt und die Austauschbarkeit verneint.

2. Der Eigenschaftsvergleich

Zweitens muss der Vergleich sich objektiv auf wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis beziehen. Im Sinne des Zwecks des Gesetzes soll hiermit gewährleistet werden, dass dem Verbraucher eine informierte Entscheidung ermöglicht wird.

Als Eigenschaften gelten alle unterscheidenden Merkmale, also selbst die Verfügbarkeit eines Produkts. Der Spruch „Die beste Werbung für uns sind die Angebote der Konkurrenz“ war nicht zulässig, da er sich auf keine Eigenschaften bezog, sondern ein pauschaler Vergleich war.

3. Die Verwechslungsgefahr

Weiterhin darf der Vergleich nicht zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führen.

Mit dieser Verwechslungsgefahr ist gemeint, dass die von der Werbung angesprochenen Personen glauben können, dass die jeweiligen Produkte vom selben Unternehmen angeboten werden. Was in diesem Zusammenhang noch möglich ist: Die Bezeichnung des anderen Produktes als „ähnlich“. So wurde die Verwechslungsgefahr verneint, als für Staubsaugerbeutel „ähnlich wie Swirl M50“ geworben wurde, da für den Verbraucher so ersichtlich war, dass das Produkt keines der Marke Swirl ist.

4. Rufausnutzung und Rufbeeinträchtigung

Weiterhin darf ein Unternehmen mit einem Vergleich nicht den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen. Kennzeichen sind Marken, Handelsnamen oder andere unterscheidende Symbole.

Der Ruf, das heißt das Ansehen des Kennzeichens, wird in unlauterer Weise ausgenutzt, wenn der Ruf der Produkte des Mitbewerbers auf die eigenen übertragen wird, wenn also das fremde Produkt als „Zugpferd“ für den Absatz des eigenen Produkts genutzt wird.

Produkte unbekannter Unternehmen dürfen nach diesen Grundsätzen durchaus mit Markenware verglichen werden. Als aber ein Unternehmen seinen Schmuck mit dem Zusatz „à la cartier“ versehen hatte, war damit die Grenze erreicht – laut Gericht werde dem Verkehr signalisiert, die Schmuckstücke seien im Design vergleichbar mit Schmuck der Marke Cartier, sodass ihr Ruf unlauter für den eigenen Absatz ausgenutzt wurde.

5. Herabsetzung und Verunglimpfung 

Es dürfen auch keine Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabgesetzt oder verunglimpft werden. Das wäre dann der Fall, wenn zusätzlich zu den „normalen“ Nachteilen vergleichender Werbung für den Mitbewerber besondere Wirkungen hinzutreten, die den Vergleich als unangemessen abfällig oder unsachlich erscheinen lassen.

Pointierte Aussagen und das Einbringen von Humor und Ironie ist üblich und daher auch zulässig bis hin zu der Grenze, den Mitbewerber der Lächerlichkeit preiszugeben. So wurde der Werbespruch „Wenn 1&1 sich streiten, freut sich der Schnellste“ von Unity Media, die auf Streitigkeiten der Konkurrenz 1&1 anspielten, nicht beanstandet. Genauso war es erlaubt, unterschiedlich große Hunde zu zeigen, um damit unterschiedliche Reichweitenzahlen von Magazinen zu darzustellen. Hingegen durfte das Navigationsgerät Lucca nicht als intelligente Schülerin und das Konkurrenzprodukt TomTom zugleich als gehänselter Schüler gezeigt werden. Auch ging Richtern die Äußerung „Fremdgehen kann teuer werden“ im Rahmen eines Preisvergleichs zu weit.

6. Darstellung einer Ware als Imitation oder Nachahmung

Schließlich darf der Vergleich eine Ware oder Dienstleistung nicht als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellen. Wichtig ist dabei, dass es keine Imitation sein muss – das Produkt darf schon nicht als solche dargestellt werden.

Als Kennzeichen gelten geschützte Marken, ob eingetragen oder nicht, oder geschützte Handelsnamen. Nicht geschützte Zeichen, die zur reinen Unterscheidung von anderen Unternehmen dienen, fallen nicht unter die Vorschrift. Das Erfordernis der Darstellung als Imitation engt den Anwendungsbereich aber auch ein: Die Darstellung als Imitation muss sich direkt aus der Werbung ergeben und darf nicht nur zuzüglich weiterer Umstände erkennbar sein. Andererseits braucht nicht das ganze Produkt, sondern müssen nur wesentliche Eigenschaften imitiert werden, zum Beispiel der Geruch eines Parfums. Im Endeffekt muss erkennbar werden, dass das imitierte Produkt als Grundlage für das beworbene Produkt gedient hat.

Bewertung und Folgen bei Verstößen

Die verschiedenen Bestimmungen zeigen, dass es nicht immer einfach ist, über Zulässigkeit und Unzulässigkeit vergleichender Werbung zu entscheiden. Einige Anhaltspunkte gibt es aber doch, um eine richtige Bewertung vorzunehmen. Zum einen ist diese immer aus der Sicht der durchschnittlichen angesprochenen Verkehrskreise vorzunehmen: Würde man im vorliegenden Fall „normalerweise“ von einer Verwechslungsgefahr oder Herabsetzung sprechen? Zum anderen sollte man sich immer die Ziele der Richtlinie vor Augen führen: Wird durch die Werbung der Wettbewerb beeinträchtigt oder beeinträchtigt, werden die Verbraucher informiert oder in die Irre geführt?

Schlussendlich darf man nicht vergessen, dass unlautere vergleichende Werbung nicht folgenlos bleibt. Das werbende Unternehmen kann Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen nach § 8 UWG und im schlimmsten Fall auch Schadensersatzansprüchen nach § 9 UWG ausgesetzt sein. Daher sollte immer geprüft werden, ob vergleichende Werbung vorliegt und im zweiten Schritt, ob diese unlauter oder zulässig ist.

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