12.12.2019
Blockchain und Smart Contracts: Wo liegt das Potential?
Blockchain und Smart Contracts sind Schlagworte, auf die man immer häufiger stößt und die mit großen Erwartungen verbunden werden. Von ähnlichen Veränderungen wie nach der Einführung des Internets ist genauso die Rede wie vom Ende herkömmlicher Verträge, die künftig nur noch in Form eines Programmcodes schnell und digital geschlossen werden. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter den beiden Begriffen und wie hängen sie miteinander zusammen? Dieser Beitrag zielt auf die Klärung dieser Fragen ab und zeigt auf, was praktisch wie rechtlich schon jetzt möglich ist.
Blockchain und Smart Contracts sind Schlagworte, auf die man immer häufiger stößt und die mit großen Erwartungen verbunden werden. Von ähnlichen Veränderungen wie nach der Einführung des Internets ist genauso die Rede wie vom Ende herkömmlicher Verträge, die künftig nur noch in Form eines Programmcodes schnell und digital geschlossen werden. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter den beiden Begriffen und wie hängen sie miteinander zusammen? Und sind solch hochgesteckte Hoffnungen überhaupt berechtigt? Dieser Beitrag zielt auf die Klärung dieser Fragen ab und zeigt auf, was praktisch wie rechtlich schon jetzt möglich ist.
Blockchain: Eine gute Option für rechtliche Angelegenheiten?
Zunächst die Basics: Besondere Bekanntheit hat die Blockchain-Technologie im Zuge des Bitcoin-Hypes erlangt, weswegen sie häufig noch nur mit Kryptowährungen in Verbindung gebracht wird. Die Technologie hat sich aber längst selbstständig gemacht und ihre besonderen Eigenschaften können für die verschiedensten Anwendungsfälle genutzt werden.
Vereinfacht ausgedrückt ist die Blockchain ein Netzwerk, auf das zahlreiche Teilnehmer Zugriff haben. Die Teilnehmer stellen selbst redundante Knotenpunkte in dem Netzwerk dar, wodurch das Manipulationsrisiko minimiert wird. Im Netzwerk werden Informationen (in der Regel Transaktionen) in Blöcken gespeichert. Sobald ein Block voll ist, wird der nächste Block verwendet, sodass nach und nach eine Kette, die Blockchain, entsteht. Damit ergibt sich ein digitales, dezentrales Register. Dieses ermöglicht es nicht nur, den aktuellen Stand der in den Blöcken gespeicherten Informationen einzusehen, sondern die gesamte Entwicklung von Anfang an nachzuverfolgen. Wichtig ist, dass die Informationen verschlüsselt werden und ein Hashwert, eine Prüfsumme aus den gespeicherten Daten, gebildet wird. Der Hashwert des einen bezieht sich dabei auf den des vorangegangenen Blocks. Dies reduziert das Manipulationsrisiko auf ein Minimum: Sobald ein Wert verändert wird, passt die gesamte Kette nicht mehr zusammen und die Veränderung wird offensichtlich. Ein nicht unwichtiger Nebeneffekt: Da eine solche, beispielsweise eine Bank, nicht mehr benötigt wird, fallen (Transaktions)-Kosten weitgehend weg.
Eine Blockchain eignet sich daher ideal zu Beweis- und Dokumentationszwecken. Die Echtheit von Dokumenten und Informationen aller Art kann schnell überprüft und zu jeder Zeit ist der Nachweis möglich, wer zu welchem Zeitpunkt Zugang zu den Informationen hatte. In China wurde die Blockchain sogar als Beweismittel vor Gericht zugelassen und ähnliche Bestrebungen zeigen sich in vielen anderen Ländern. In der EU beispielsweise bestimmt die eIDAS-Verordnung die gerichtliche Anerkennung elektronischer Zeitstempel, mit denen die Speicherung von Daten auf einer Blockchain mit einem Zeitpunkt verknüpft werden kann.
Smart Contract: Mehr als ein Vertrag?
Durch die Blockchain-Technologie haben zugleich Smart Contracts an Bedeutung gewonnen, deren Potential mit dieser voll ausgeschöpft werden kann. Smart Contracts sind dabei erst einmal weder Verträge im klassischen Sinne noch von sich aus intelligent, sondern im Grunde Computerprogramme, die – beim Eintritt bestimmter Ereignisse – im Vorfeld programmierte Abläufe umsetzen, etwa Geld überweisen oder Zugänge freischalten. Dafür werden die Bedingungen für und die Folgen von Ereignissen formuliert und in ein Programm geschrieben.
Anwender sollten beachten: Hier liegt kein Vertrag im juristischen Sinn vor. In vielen Fällen können Smart Contracts die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllen, beispielsweise wenn es zur Wirksamkeit eines Vertrags der eigenhändigen Unterschrift bedarf. Für die Praxis dürfte sich daher das Modell empfehlen, zunächst einen herkömmlichen Vertrag zu schließen, auf dessen Grundlage ein Smart Contract programmiert wird, der dann das vertraglich zuvor vereinbarte schnell und selbstständig umsetzt. Komplexe rechtliche Wertungen können Smart Contracts zwar noch nicht ohne Weiteres vornehmen, doch klare Wenn-Dann-Beziehungen lassen sich schnell, kostengünstig und sicher umsetzen. Dafür eignen sich viele denkbare Vertragsbeziehungen, bei denen Vorgänge automatisiert werden sollen. Als typische Beispiele sind die Freischaltung einer Lizenz mit der Zahlung der Lizenzgebühr oder die sofortige Entschädigungszahlung bei der Verspätung eines Zugs oder Flugzeugs zu nennen. Weitere Anwendungen bieten sich für den Bereich Internet of Things (IoT) an. Ein Smart Contract kann während des Ladevorgangs eines Elektroautos direkt die Zahlung veranlassen oder für einen 3D-Drucker den Druckvorgang veranlassen, sobald die Erlaubnis geprüft wurde.
Smart Contract und Blockchain: Eine gute Verbindung
Smart Contracts müssen zwar nicht zwingend über eine Blockchain laufen, doch sind die Vorteile der Blockchain für Smart Contracts offensichtlich. Im Gegensatz zu herkömmlichen Verträgen erhöht die hohe Manipulationssicherheit der Blockchain das Vertrauen der Parteien. Damit können auch unerwünschte Gerichtsverfahren vermieden werden, indem die Bedingungen vor dem Start des Smart Contracts klar und eindeutig definiert und danach automatisch und zwingend ausgeführt werden. Der Smart Contract ersetzt sogar Schiedsstellen. Diese Klarheit vermindert das Streitpotential erheblich, wenngleich diese Wirkung nur eintrifft, sofern die Bedingungen des Smart Contracts im Vorfeld sauber und vollständig rechtlich überprüft wurden und er im Einklang mit dem Willen der Parteien und den einschlägigen Gesetzen steht. Die Möglichkeit digitaler Signaturen statt eigenhändiger Unterschriften (solange eine solche Form nicht vorgeschrieben ist) und automatischer Bezahlung macht die Vertragsabwicklung per Smart Contract kostengünstig, praktisch und so für Kunden attraktiver als herkömmliche Verträge.
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Das Ende klassischer Vertragsbeziehungen?
Wozu braucht es überhaupt noch den Vertrag auf Papier, mag man sich da fragen. Doch Vorstellungen, nach denen Blockchain und Smart Contracts weite Teile des Gerichtswesens oder klassischer Vertragsbeziehungen vollständig ersetzen, dürften trotz aller Euphorie noch nicht so bald Wirklichkeit werden. Fraglich ist auch, ob es dazu überhaupt kommen muss. Schließlich sind Verträge nichts anderes als festgehaltene übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragsparteien. Ohne Willensbekundungen werden Parteien auch in digitalen Zeiten keine Verträge schließen wollen, weshalb diese Voraussetzungen auch weiterhin Gültigkeit haben werden und Smart Contracts gut in das bestehende Rechtssystem integrierbar sind.
Doch trotz hoher Sicherheit und Effizienz ist die Verwendung einer Blockchain nicht ohne Herausforderungen möglich. Die schnell wachsende Menge an Daten, die auf allen teilnehmenden Rechnern gespeichert werden muss, erfordert einen hohen technischen Aufwand, sodass Blockchain-Anwendungen auch Grenzen gesetzt sind und abzuwarten ist, wie sich das Problem der Kapazität in der Zukunft stellt. Und auch aus rechtlicher Sicht stellen sich einige Fragen. Wie bereits angedeutet, sollte man sich in der Praxis auf das beschränken, was technisch bereits umsetzbar ist und komplexe rechtliche Fragen wie Abwägungen oder die Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe keinem Smart Contract überlassen. Zu den zu klärenden Fragen gehören unter anderem auch datenschutzrechtliche Aspekte. Wer die Aktivitäten eines Smart Contracts über eine Blockchain laufen lässt und datenschutzrechtlich auf eine Einwilligung stützt, muss bedenken, dass die Eintragungen auf der Blockchain nicht ohne weiteres löschbar sind und sich daher Probleme mit dem Erfordernis der Widerruflichkeit der Einwilligung ergeben. Gleiches gilt für das Recht auf Vergessenwerden nach der DSGVO. Eine mögliche Lösung kann daher der Rückgriff auf eine andere Rechtsgrundlage als die Einwilligung sein. Wer Smart Contracts also nutzen will, sollte auf ein durchdachtes Zusammenspiel technischen Know-hows und rechtlicher Absicherung setzen. Mit der richtigen Herangehensweise lassen sich somit vielfältige Vertragsbeziehungen, die Organisation von IP-Rechten und viele andere Anwendungen auf eine neue Stufe heben.
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