04.04.2024

E-Mail-Marketing ohne Einwilligung – was ist erlaubt?

Newsletter erfreuen sich im Online-Marketing immer noch großer Beliebtheit. Der Versand per E-Mail ist ein kostengünstiger und schneller Weg Ihre Produkte und Dienstleistungen zu bewerben. Viele Unternehmen wollen diese Möglichkeit nutzen. Doch was sind die rechtlichen Rahmenbedingungen um Kund:innen per E-Mail zu kontaktieren?

Unverbindliches Erstgespräch vereinbaren

Ihr Unternehmen hat erfolgreich einen qualitativ hochwertigen E-Mail-Verteiler organisch aufgebaut. Ihre E-Mail-Vorlage ist ansprechend. Der Text Ihrer E-Mail-Kampagne ist eingängig geschrieben und für Ihre Zielgruppe relevant. Es scheint, als hätten Sie alles, was Sie brauchen, um Ihre E-Mail-Marketing-Kampagne zu starten.

Bevor Sie jedoch mit dem Versenden von E-Mails beginnen, sollten Sie unbedingt die Zulässigkeit aus wettbewerbs- und datenschutzrechtlicher Sicht prüfen. Dass die werbliche Ansprache von Kund:innen per E-Mail auf Grundlage einer zuvor eingeholten ausdrücklichen Einwilligung möglich ist, ist mittlerweile weithin bekannt. Dennoch wissen viele Unternehmen nicht genau, was in diesem Bereich erlaubt ist und was nicht. Wir zeigen Ihnen, welche Rechte und Pflichten auf Sie zukommen und was Sie bei der Ansprache potenzieller Kund:innen zu Online-Marketing-Zwecken beachten müssen, um im Einklang mit deutschem und europäischem Recht zu sein.

Werbung als unzumutbare Belästigung?

E-Mail-Werbung stellt gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung grundsätzlich eine unzumutbare Belästigung der Empfänger:innen dar. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich dabei um eine Privatperson oder ein Unternehmen handelt.

Grundsatz: Keine Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung

Keine Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung – so lautet der Grundsatz. Da die Werbenden die Beweislast für das Vorliegen einer Einwilligung tragen, reicht nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) die bloße Registrierung der E-Mail-Adresse auf der Homepage des Versenders oder der Versenderin („Single-Opt-In“) nicht aus (BGH, Urteil vom 10. 2. 2011 – I ZR 164/09). Denn dadurch kann ein Missbrauch durch Unbefugte nicht ausgeschlossen werden. In der Praxis hat sich deshalb die Bestätigung der einwilligenden Person im Wege des sogenannten Double-Opt-In-Verfahrens etabliert. Dabei erhält die einwilligende Person nach der Übermittlung eine E-Mail, in der sie die Einwilligung durch das Anklicken eines Links bestätigt.

Zufriedenheitsbefragungen und Inbox-Werbung

Auch Zufriedenheitsbefragungen oder Produktempfehlungen, die in der Signaturzeile einer E-Mail enthalten sind, stellen Werbung dar. Das gilt nach Ansicht des BGH auch dann, wenn die Feedbackanfrage oder die Produktempfehlung im Zusammenhang mit einer notwendigen Kommunikation mit den Kund:innen, wie beispielsweise dem Rechnungsversand oder einer Bestätigungsmail erfolgt (BGH, Urteil vom 10.7.2018 – VI ZR 225/17).

Das Einwilligungserfordernis gilt im Übrigen auch dann, wenn im Posteingang eines E-Mail-Postfachs Werbung angezeigt wird, die der Form einer echten E-Mail ähnelt. Auf Vorlage des BGH, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass es sich insoweit um elektronische Post – so der entsprechende Rechtsbegriff in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG – handelt (EuGH, Urteil vom 25.11.2021 – C-102/20).

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Ausnahme: Bestandskundenwerbung per E-Mail

Das Gesetz sieht jedoch eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor. § 7 Abs. 3 UWG erlaubt Unternehmer:innen unter bestimmten Voraussetzungen E-Mail-Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung zu versenden, wenn es sich bei den Empfänger:innen der E-Mail um Bestandskund:innen handelt. Dahinter steht die Überlegung, dass jemand, mit dem eine Geschäftsbeziehung besteht, wahrscheinlich auch an anderen ähnlichen Produkten und Dienstleistungen interessiert ist und darüber informiert werden möchte. Dafür müssen fünf Voraussetzungen nebeneinander vorliegen:

Im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung

Auch wenn sich dies aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht ausdrücklich ergibt, knüpft das Gesetz daran an, dass zwischen dem Unternehmer oder der Unternehmerin und dem Empfänger oder der Empfängerin der E-Mail bereits ein Vertragsverhältnis bestehen muss. Eine lediglich vorvertragliche Geschäftsbeziehung, insbesondere die bloße Vertragsanbahnung, reicht nicht aus. Hat also jemand nur um die Zusendung von Produktinformationen gebeten oder die Ware nur in den Warenkorb gelegt, ohne die Bestellung abzuschließen, liegt noch keine bestehende Geschäftsbeziehung vor. Auch die bloße Einrichtung eines Kund:innenkontos reicht nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG nicht aus.

Der Unternehmer oder die Unternehmerin muss die Adresse des Kunden oder der Kundin direkt von diesem bzw. dieser erhalten haben. Es reicht nicht aus, wenn der Unternehmer oder die Unternehmerin die Adresse aus anderen Quellen oder von Dritten erhalten hat.

Werbung nur für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen

Die größte Herausforderung für Unternehmen stellt in der Regel die zweite Voraussetzung des § 7 Abs. 3 UWG dar. Es dürfen nur eigene Waren oder Dienstleistungen beworben werden, die dem bereits erworbenen Produkt ähnlich sind. Bei der Beurteilung, was als ähnliches Produkt anzusehen ist, ist die Rechtsprechung sehr streng. Zum Teil wird eine „Austauschbarkeit“ der Produkte gefordert oder dass die Produkte „demgleichen oder zumindest einem ähnlichen Bedarf oder Verwendungszweck“ dienen. Danach wäre es beispielsweise zulässig, einem Kunden oder einer Kundin, der bzw. die französischen Rotwein bestellt hat, künftig per E-Mail auch Werbung für Rotwein aus Neuseeland zuzusenden. Wer einen Hotelaufenthalt im Spreewald per E-Mail gebucht hat, dem könnte auch Werbung für ein Hotel in der Pfalz geschickt werden.

Achtung: Werbung für das gesamte Sortiment ist dagegen nicht von § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG erfasst. Auch die Zusendung eines Gutscheins, der im Online-Shop des Versendenden eingelöst werden kann, fällt nicht unter diese Norm.

Und wie verhält es sich bei Zubehör- und Ergänzungsangeboten?

Grundsätzlich erscheint es vertretbar, unter der Ausnahme für Bestandskund:innen auch Werbung für funktionell zusammengehörige Waren wie Zubehör- und Ergänzungswaren zuzulassen. Wer beispielsweise einen Drucker gekauft hat, wird in der Regel auch am Kauf von Toner oder Tinte interessiert sein. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien der „Austauschbarkeit der Produkte“ oder dem „Dienen der Produkte zum gleichen oder zumindest ähnlichen Bedarf oder Verwendungszweck“ dürfte in diesem Fall unproblematisch von einer Warenähnlichkeit auszugehen sein. Nicht mehr zulässig dürfte hingegen die Werbung für andere Elektronikartikel wie etwa Mobiltelefone sein.

Kein Widerspruch des Kunden

Der Kunde oder die Kundin darf der Verwendung seiner bzw. ihrer E-Mail-Adresse zum Empfang von Werbung nicht widersprochen haben. Dieser Widerspruch kann auf jedem Kommunikationsweg oder auch mündlich erfolgen. Daher kann nach derzeitiger Rechtsprechung von Kund:innen auch nicht verlangt werden, dass sie neben einem Widerspruch in Textform auch Einstellungen in einem Verwaltungssystem für Kund:innen ändern (AG München, Urteil vom 05.08.2022 – 142 C 1633/22). Widersprüche sind zu protokollieren und bei zukünftigen Werbemails zu berücksichtigen.

Klarer und deutlicher Hinweis auf das Widerspruchsrecht

Die vierte Voraussetzung ist besonders wichtig. Das werbende Unternehmen muss die Kund:innen sowohl bei der Erhebung als auch bei jeder Verwendung der E-Mail-Adresse klar und deutlich darauf hinweisen, dass sie der Verwendung jederzeit kostenlos widersprechen können. In jedem Fall dürfen die Kosten für die Übermittlung des Widerspruchs die Kosten des Basistarifs nicht übersteigen. Zu diesem Zweck müssen die Unternehmen den Kund:innen jeweils eine entsprechende Kontaktadresse benennen. Der Widerspruch selbst sollte direkt aus der E-Mail heraus möglich sein. Dies lässt sich am einfachsten über einen Abmeldelink umsetzen, der ohne weitere Zwischenschritte zu einem Blacklisting der betreffenden E-Mail-Adresse führt.

Achtung: Werbung an Bestandskund:innen muss genauso wie sonstige Werbe-E-Mails auch inhaltlich rechtskonform ausgestaltet sein. Insbesondere muss die Identität des Absenders oder der Absenderin auf den ersten Blick klar erkennbar sein (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 4 UWG). Darüber hinaus muss der Betreff der E-Mail den Inhalt der Nachricht korrekt wiedergeben und erkennen lassen, dass es sich um eine Werbe-E-Mail handelt. Schließlich gilt auch hier die Impressumspflicht.

Was ist in Sachen DSGVO zu beachten?

Die DSGVO enthält zwar keine Regelung, die sich explizit auf das wettbewerbsrechtliche Privileg von Bestandskund:innen bezieht, jedoch kommen hier die berechtigten Interessen des werbenden Unternehmens gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO als rechtfertigende Grundlage in Betracht. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO muss die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des werbenden Unternehmens erforderlich sein und die Interessen der betroffenen Personen dürfen nicht überwiegen. Auch wenn die DSGVO hierzu keine detaillierten Regelungen enthält, stellt jedenfalls Erwägungsgrund 47 der DSGVO klar, dass die Datenverarbeitung zum Zwecke der Direktwerbung als eine Verarbeitung angesehen werden kann, die einem berechtigten Interesse dient.

Auf Seiten der Interessen der Betroffenen ist insbesondere entscheidend, was diese im Einzelfall subjektiv erwarten, aber auch, was objektiv vernünftigerweise erwartet werden kann und darf. Unternehmen sollten daher ihre Kund:innen frühzeitig und transparent über Bestandskund:innenwerbung im Rahmen der Datenschutzhinweise informieren. Die Datenschutzbehörden berücksichtigen im Rahmen der Interessenabwägung auch die Wertungen des UWG. Überwiegende schutzwürdige Interessen der Empfänger:innen sind demnach in der Regel nicht gegeben, wenn das werbende Unternehmen auch die in § 7 Abs. 3 UWG enthaltenen Vorgaben für E-Mail-Werbung einhält. Andererseits dürften die schutzwürdigen Interessen der Empfänger:innen regelmäßig überwiegen, wenn die in § 7 Abs. 3 UWG genannten Voraussetzungen nicht vorliegen.

Feedbackanfragen als zulässige Bestandskund:innenwerbung?

Da Zufriedenheitsbefragungen von Kund:innen nach Ansicht des BGH grundsätzlich als Werbung einzustufen sind, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob solche Anfragen auf der Grundlage des § 7 Abs. 3 UWG versandt werden dürfen. In der Regel dürfte es sich bei Feedbackanfragen um allgemeine Imagewerbung für ein Unternehmen und nicht um Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen handeln. Eine andere Beurteilung kann sich jedoch dann ergeben, wenn eine Bewertungsaufforderung in unmittelbarem Zusammenhang mit einem zuvor erworbenen Produkt versandt wird und die Bewertung für dieses Produkt erbeten wird, um künftige Geschäfte über ähnliche Produkte zu fördern. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien der „Austauschbarkeit der Produkte“ oder dem „Dienen der Produkte zum gleichen oder zumindest ähnlichen Bedarf oder Verwendungszweck“ dürfte auch in diesem Fall von einer Warenähnlichkeit auszugehen sein. Auch der BGH hat sich zumindest offen für eine solche Auslegung gezeigt, auch wenn er die Frage in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall nicht abschließend zu beantworten hatte (BGH, Urteil vom 10.07.2018 – VI ZR 225/17). Unternehmen, die jegliches Risiko vermeiden wollen, sollten für Kundenzufriedenheitsbefragungen generell eine Einwilligung der Kundinnen und Kunden einholen.

Mit welchen Konsequenzen müssen Unternehmen bei Verstößen rechnen?

Ist der Empfänger oder die Empfängerin der unerwünschten Werbe-E-Mail ein Verbraucher oder eine Verbraucherin, kann dieser bzw. diese sich grundsätzlich auf einen Eingriff in sein bzw. ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen. Handelt es sich bei dem Empfänger der E-Mail um ein Unternehmen, kann ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vorliegen. Das werbende Unternehmen muss daher mit der Geltendmachung von zivilrechtlichen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen durch betroffene Empfänger:innen rechnen (§§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog). Verstöße gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften wie § 7 UWG können zudem von Konkurrent:innen sowie Wirtschafts- und Verbraucherverbänden abgemahnt werden. Im Falle einer berechtigten anwaltlichen Abmahnung ist das werbende Unternehmen verpflichtet, die notwendigen Anwaltskosten zu erstatten. Darüber hinaus drohen bei einer rechtswidrigen Datenverarbeitung Maßnahmen der Aufsichtsbehörden, wie z.B. die Verhängung von Bußgeldern. Zudem können Datenschutzverstöße zu immateriellen Schadensersatzansprüchen der Betroffenen führen.

Empfehlungen für die Praxis

Um Schäden zu vermeiden, sollten Unternehmen ihre Prozesse sorgfältig und entsprechend den genannten Voraussetzungen ausgestalten und regelmäßig überprüfen. Möchten Sie sich auf die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG berufen, ist darauf zu achten, dass die betreffenden Kund:innen bereits bei der Erhebung ihrer E-Mail-Adresse auf die Direktwerbung sowie die Widerspruchsmöglichkeit hingewiesen werden müssen. Hierzu bietet sich ein sichtbarer Hinweis direkt unter dem Feld für die Angabe der E-Mail-Adresse an. Bevor den Kund:innen Produktempfehlungen per E-Mail übermittelt werden, muss jeweils geprüft werden, ob kein Widerspruch eingelegt worden ist. Bei der Auswahl der beworbenen Produkte ist erhöhte Vorsicht geboten. Es muss sichergestellt werden, dass nur ähnliche Produkte und Dienstleistungen des Versenders beworben werden. Schließlich sollte in jeder E-Mail ein leicht erkennbarer Hinweis auf das jederzeit bestehende Widerrufsrecht aufgenommen werden.

Achtung: Erfahrungsgemäß scheitert die Zulässigkeit von Bestandskund:innenwerbung am häufigsten am fehlenden Hinweis bei der Datenerhebung.

Was sollten Sie also vor Start ihrer E-Mail-Werbekampagne beachten?

Überprüfen Sie, ob es sich bei E-Mail-Adressen in Ihrem Verteiler um Kontakte von Bestandskund:innen handelt oder ob eine ausdrückliche Einwilligung vorliegt. Gehen Sie sicher, dass Ihnen kein Widerspruch vorliegt. Sofern der Kunde oder die Kundin sowohl bei der Erhebung seiner bzw. ihrer E-Mail-Adresse als auch in jeder Werbemail auf das Widerspruchsrecht hingewiesen wird, ist Werbung für ähnliche und passende Produkte zulässig. Gehen Sie sicher, dass die Werbung auf eindeutig ähnliche Produkte beschränkt ist.

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