17.07.2019
Die Gestaltung von Lizenzverträgen im IT-Bereich – eine Orientierungshilfe
Der Wert von Immaterialgütern könnte im digitalen Zeitalter kaum höher sein. Musik, Filme und andere Arten von Kunst können anderen Personen über das Internet so einfach wie nie zuvor verfügbar gemacht werden. Schöpfer können dadurch einen größeren Profit aus ihren Erfindungen schlagen, während allerdings parallel dazu die illegale Weiterverbreitung genauso erleichtert wird. Lizenzverträge setzen genau bei diesem Problem an.
Da immaterielle Güter nicht verkörpert sind, können sie nicht „über den Ladentisch“ gehen. Vielmehr kann der Inhaber eines gewerblichen Schutzrechts (z.B. ein Urheberrecht) einem Dritten ein Nutzungsrecht einräumen. Um den Umfang der eingeräumten Nutzungsrechte genau festzulegen, ist ein Vertrag unumgänglich. Der Schöpfer als Inhaber eines gewerblichen Rechts kann genau festlegen, in welchem Umfang er welche Nutzungen erlauben möchte. Der Erwerber hingegen hat Rechtssicherheit, in welchem Umfang er den Vertragsgegenstand nutzen kann. Letztlich will ein Entwickler ja sein „Werk“ dem Markt zugänglich machen genauso wie Gesellschaft und Wirtschaft ein Interesse an der Nutzung innovativer Entwicklungen haben.
Im IT-Bereich werden Lizenzverträge insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung von Software interessant. Auch hier ergibt sich ein Spannungsfeld zwischen dem Urheberrecht eines Softwareentwicklers an seiner Software und dem Nutzungsbedürfnis der Allgemeinheit, das durch einen Lizenzvertrag aufgelöst werden kann. Im Folgenden wollen wir Ihnen daher im Schwerpunkt anhand eines Softwarelizenzvertrags erläutern, wie Lizenzverträge eigentlich aussehen, was sie auszeichnet und wie man sie abschließt.
Newsletter
Alle wichtigen Neuigkeiten zu Themen wie Datenschutz, Künstliche Intelligenz, IT-Recht und vielen mehr – einmal monatlich in Ihr Postfach.
Der Lizenzvertrag
Ein Lizenzvertrag ist ein Vertrag, mit dem der Lizenzgeber (der Rechtsinhaber) einem Lizenznehmer unter vertraglich festgelegten Bedingungen Nutzungsrechte an gewerblichen Schutzrechten einräumen kann. Gewerbliche Schutzrechte sind u.a. das Patent, das Urheberrecht und die Marke. So steht beispielsweise einem Softwareentwickler schon bei der Schöpfung der Software ein Urheberrecht daran zu. Der Lizenzgeber wird (grob beschrieben) vertraglich verpflichtet, das lizenzierte Schutzrecht aufrechtzuerhalten und dem Lizenznehmer zur Verfügung zu stellen. Der Lizenznehmer muss im Gegenzug Gebühren zahlen.
Da es im Gesetz keine konkrete Regelung zum Inhalt von Lizenzverträgen gibt, müssen daran zunächst die gesetzlichen Anforderungen des allgemeinen Vertragsrechts gestellt werden. Anhand der Hauptleistungspflicht wird bestimmt, ob sich der Lizenzvertrag nach den Regeln über Kauf-, Werk- oder Mietverträge orientieren muss. So ist es bei Softwarelizenzverträgen beispielsweise möglich, dass die Nutzung nach einem Softwarekauf, während einer Softwaremiete oder nach einer Softwareherstellung geregelt werden muss. Auf dieser Grundlage wird ein Lizenzvertrag mindestens die folgenden Punkte beinhalten:
1. Den Lizenzgegenstand
Woran soll überhaupt eine Lizenz erteilt werden? Das muss genau aus dem Vertrag hervorgehen. Es muss also festgelegt werden, an welchem Gegenstand eine Lizenz erteilt wird. Typische Lizenzverträge stellen Urheberrechtsverträge, zu denen auch Softwarelizenzverträge gehören, Markenlizenzverträge und Patentverträge dar. Gegenstand ist dann beispielsweise beim Softwarelizenzvertrag der Kauf und die Nutzung der Software oder auch die Nutzung während der Miete einer Software beim Softwaremietvertrag.
2. Die Lizenzgebühren
Der Lizenznehmer wird im Lizenzvertrag verpflichtet werden, Lizenzgebühren zu zahlen. Wie das konkret vertraglich ausgestaltet werden soll, ist den Parteien überlassen. Zum einen kann das Modell der Pauschallizenz vereinbart werden. Dabei zahlt der Lizenznehmer feststehende Beträge und zusätzlich einen Betrag des mit der Lizenz erzielten Umsatzes. Ist die Höhe im Vertrag nicht festgelegt, dann ist gem. § 32 Abs. 1 UrhG eine Vergütung in angemessener Höhe zu zahlen. Dies richtet sich nach der branchenüblichen Vergütung in Anbetracht der Dauer, Häufigkeit, Ausmaß und Zeitpunkt der Nutzung und unter Berücksichtigung aller weiteren Umstände.
3. Das Lizenzmodell
Kern des Lizenzvertrags dürfte das Lizenzmodell darstellen. Es kann im Vertrag zwischen verschiedenen Lizenzmodellen gewählt werden, die festlegen, in welchem Umfang der Lizenzgeber dem Lizenznehmer überhaupt die Nutzung seines gewerblichen Schutzrechts gestattet. So ist bei Softwarekäufen allein durch den Erwerb der Software (beispielsweise durch Download) noch nicht geklärt, welche Nutzungsrechte der Käufer an der Software hat. Genau das Gleiche gilt, wenn die Software nur zeitlich begrenzt gemietet wurde. Auch dann muss festgelegt werden, wie die Software in dieser Zeit genutzt werden darf.
Bei dem Modell des einfachen Nutzungsrechts darf der Lizenzgeber auch noch anderen genau die gleiche Lizenz einräumen. Das heißt mehrere Personen bekommen eine Lizenz. Diese Lizenzen können dann darüber hinaus noch räumlich, zeitlich oder inhaltlich eingeschränkt werden. So kann beispielsweise festgelegt werden, dass das Nutzungsrecht nur in einem bestimmten Gebiet, nur für einen bestimmten Zeitraum oder speziell bei Softwarelizenzverträgen nur auf einem Rechner durch eine einzige natürliche Person (Einfachlizenz) gilt.
Bei Softwarelizenzverträgen sind in diesem Zusammenhang die sog. Open-Source-Softwares zu erwähnen (OSS). Bei dem Modell wird in Open-Software-Lizenzen festgelegt, dass die Software von jedem genutzt, weiterverbreitet und sogar geändert werden darf. Eingeschränkt wird dieses vollumfängliche Nutzungsrecht häufig dadurch, dass der Entwickler immer genannt werden muss. Das Standardmodell dürfte bei Softwarelizenzverträgen allerdings das End-User-License-Agreement (EULA) sein, bei dem in dem Lizenzvertrag die Nutzungsrechte der Lizenznehmer genauer festgelegt werden. Eine Unterkategorie stellt Software as a Service dar.
Beim ausschließlichen Nutzungsrecht erhält der Lizenznehmer die Erlaubnis, exklusiv wesentliche Teile des Schutzrechts nur für sich nutzen zu können. Im Bereich der Softwarelizenzverträge ist hier die exklusive Softwareherstellung von Relevanz. Vertragsrechtlich wird diese Konstellation bei den Werkverträgen einzuordnen sein, da hier eine Softwareentwicklung in Auftrag gegeben wird. Bei Erfüllung des Vertrags gehen dann sämtliche Nutzungsrechte ausschließlich auf den Käufer über.
Beim ausschließlichen Nutzungsrecht darf auch der Lizenzgeber als Rechtsinhaber selbst die Software dann nicht mehr nutzen! Ausnahme: Es wurde ein Selbstnutzungsvorbehalt vereinbart. Auch im Rahmen des ausschließlichen Nutzungsrechts kann die genaue Art der Nutzung festgelegt werden, also ob das ausschließliche Nutzungsrecht eine räumliche, zeitliche oder inhaltliche Einschränkung erfährt.
Des Weiteren kann eine Unterlizenz vereinbart werden, die dem Lizenznehmer ermöglicht dritten Parteien Nutzungsrechte am Lizenzgegenstand einzuräumen.
Fehlt es an einer Regelung über die Nutzungsrechte, kommt es nach der Zweckübertragungstheorie aus dem Urhebergesetz auf den Vertragszweck an. Es ist also zu ermitteln, welchen Zweck die Parteien mit der Einräumung des Rechts verfolgt haben. Als Auslegungsregel ist dabei heranzuziehen, dass die Regelung eher zugunsten des Lizenzgebers auszufallen hat. Das bedeutet Augen auf für die Lizenznehmer! Sie sollten immer darauf achten, dass Sie die Nutzungsrechte beim Vertragsschluss konkret vereinbaren.
Zu beachten ist jedoch, dass auf Grundlage der Privatautonomie jeder Vertrag individuell ausgestaltet werden kann. Es können also auch noch problemlos andere Inhalte hinzugefügt werden, wie Sicherungsmaßnahmen, um Software vor dem Zugriff durch unbefugte Dritte zu sichern oder eine Vertragsstrafe für bestimmte Vertragspflichtverletzungen.
4. Die Form
Aus dem Gesetz ist keine vorgeschriebene Form für den Lizenzvertrag ersichtlich. Es ist jedoch immer zu empfehlen, ihn schriftlich zu schließen. So lassen sich etwaige Zweifel über Inhalt und Rechtsbindungswillen der Parteien deutlich leichter klären. Auch der BGH hat bereits klargestellt, dass an den Nachweis des Vertragsschlusses gewisse Anforderungen zu stellen sind, sodass beispielsweise der Abschluss eines Lizenzvertrags unter Kaufleuten immer schriftlich dokumentiert werden sollte. Insbesondere bei Softwarelizenzverträgen ist die Schriftform ein Muss!
5. Haftungs- und Gewährleistungsfragen
Des Weiteren ergeben sich auch Haftungs- und Gewährleistungsfragen. Was ist zum Beispiel, wenn jemand eine Lizenz an einem Schutzrecht erwirbt, er es jedoch wirtschaftlich nur schlecht verwerten kann? Dafür haftet der Lizenzgeber nicht. Allerdings haftet er dafür, dass der Lizenzgegenstand brauchbar und technisch ausführbar ist und dafür, dass das gewerbliche Schutzrecht, an dem die Lizenz erteilt wird, auch wirklich besteht.
Steht das Schutzrecht dann gar nicht wirklich dem Lizenzgeber zu, so kann derjenige, dem es zusteht Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche gegen den Lizenznehmer geltend machen. Ein Nutzungsrecht kann nämlich nicht gutgläubig erworben werden.
Bei Sach- oder Rechtsmängeln am Lizenzgegenstand muss zwischen Softwarekaufverträgen, Softwarewerkverträgen und Softwaremietverträgen unterschieden werden. Je nach dem richtet sich das geltende Mängelgewährleistungsrecht nach dem Recht über Kaufverträge / Werkverträge oder über Mietverträge. Wurde eine Software gekauft oder hergestellt, liegt ein Mangel vor, wenn die Software nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. Bei Softwaremietverträgen hingegen steht die Aufrechterhaltung der Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch im Vordergrund. Bei Softwarekauf- und Softwarewerkverträgen kann zunächst die Beseitigung des Mangels verlangt werden und wenn dies scheitert, können dem Erwerber der Software ein Rücktrittsrecht, Minderung oder Schadenersatz zustehen. Beim Softwaremietvertrag kann der Lizenznehmer die Lizenzgebührenzahlung vorläufig mindern, bis der Mangel erhoben wurde.
Fazit: Viele Gestaltungsmöglichkeiten – Vorteile für alle
Ohne Lizenzverträge wäre sehr viel nicht möglich. Man könnte sogar sagen, dass der Mut zu neuen Entwicklungen gleich im Keim ersticken würde, da es sich gar nicht lohnen würde etwas zu entwickeln. Damit die Vorteile von Lizenzverträgen jedoch voll ausgeschöpft werden können, müssen sie dem geltenden Recht entsprechen und juristisch so sicher sein, dass es keine Lücken gibt. Die Rechtsanwälte von Schürmann Rosenthal Dreyer zeichnen sich durch eine hohe Expertise im Bereich von Lizenzverträgen aus. Sprechen Sie uns gerne an! Wir erstellen mit Ihnen zusammen individuelle Lizenzverträge oder überprüfen Ihre bestehenden Lizenzverträge auf Vollständigkeit und Richtigkeit!
Vereinbaren Sie jetzt ein
unverbindliches Erstgespräch!
Lassen Sie uns über Ihre Herausforderungen sprechen und vereinbaren Sie ein unverbindliches Erstgespräch mit unseren spezialisierten Anwält:innen.
Weitere Experten zum Thema
Weitere Neuigkeiten
28.11.2024
BGH zu Scraping: Was Unternehmen jetzt wissen müssen
18.11.2024
BGH-Urteil zur Haftung von Online-Marktplätzen: Betreiber haften wie Sharehoster
04.11.2024