20.12.2024
MiCA-Verordnung: Schritte zur Compliance im digitalen Sektor
Die MiCA-Verordnung der EU schafft einen einheitlichen Regulierungsrahmen für Kryptowerte. Seit dem 30. Juni 2024 gelten Regelungen für vermögenswertereferenzierte und E-Geld-Token, vollständig anwendbar wird die Verordnung ab dem 30. Dezember 2024. Bestehende nationale Regelungen, wie die Kryptowertetransferverordnung oder das Kreditwesengesetz, werden durch die umfassenderen Anforderungen der MiCA-Verordnung ergänzt. Für Unternehmen im digitalen Sektor, besonders im Bereich Blockchain-Technologien, ist sie von großer Bedeutung.
Ziele der MiCA-Verordnung
Ziel der MiCA-Verordnung ist es, einheitliche Anforderungen für das öffentliche Angebot und die Zulassung zum Handel auf einer Handelsplattform von vermögenswertereferenzierten Token (asset-referenced-token, ART) und E-Geld-Token und von anderen Kryptowerten als vermögenswertereferenzierten Token und E-Geld-Token sowie Anforderungen für Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen festzulegen.
Dadurch soll einerseits der Schutz der Anleger:innen in einer bislang eher geringfügig regulierten Branche verstärkt und andererseits die Funktionsfähigkeit des Marktes sowie die Finanzstabilität durch klare Anforderungen gewahrt werden. Wie auch schon mit der KI-Verordnung beabsichtigt die EU damit, die Attraktivität der EU als Wirtschaftsstandort für Krypto-, Blockchain- und KI-Technologien zu stärken.
Anwendungsbereich
Die Verordnung gilt für natürliche und juristische Personen und bestimmte andere Unternehmen, die in der Union mit der Ausgabe, dem öffentlichen Angebot und der Zulassung zum Handel von Kryptowerten befasst sind oder die Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten erbringen. Vom Anwendungsbereich werden Non-Fungible-Token (NFT) ausdrücklich ausgeschlossen. Ferner gilt die Verordnung nicht für verschiedene Versicherungs- und Alterversorgungsprodukte.
Anhand des Anwendungsbereiches mit seinem Fokus auf finanzrelevante Kryptowerte zeigt sich, dass die EU mit der MiCA-Verordnung eine Lücke der Finanzmarktregulierung schließen will, indem solche Fälle erfasst und reguliert werden sollen, bei denen mit Kryptowerte eine vergleichbare Rolle einnehmen wie zum Beispiel Wertpapiere im Rahmen von klassischen Finanzgeschäften.
Welche Pflichten und Anforderungen ein Unternehmen beachten und einhalten muss, hängt davon ab, um was für eine Art von Kryptowert es sich konkret handelt bzw. ob Kryptowert-Dienstleistungen erbracht werden.
Nach der Verordnung handelt es sich bei einem Kryptowert um eine digitale Darstellung eines Werts oder eines Rechts, der bzw. das unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technology oder ähnlichen Technologien elektronisch übertragen und gespeichert werden kann. Die Verordnung unterteilt den Begriff weiter in drei verschiedene Token-Arten:
- Vermögenswertereferenzierte Token: einen Kryptowert, der kein E-Geld-Token ist und dessen Wertstabilität durch Bezugnahme auf einen anderen Wert oder ein anderes Recht oder eine Kombination davon, einschließlich einer oder mehrerer amtlicher Währungen, gewahrt werden soll.
- E-Geld-Token: einen Kryptowert, dessen Wertstabilität unter Bezugnahme auf den Wert einer amtlichen Währung gewahrt werden soll.
- Utility-Token: einen Kryptowert, der ausschließlich dazu bestimmt ist, Zugang zu einer Ware oder einer Dienstleistung zu verschaffen, die von dem Emittenten bereitgestellt wird.
Die Verordnung erfasst damit vor allem sog. "Stablecoins", also Kryptowährungen, deren Wertstabilität an eine amtliche Währung geknüpft sind. Sonstige Kryptowerte, einschließlich Vermögenswerte ohne identifizierbaren Emittenten, wie z.B. der Bitcoin bleiben unreguliert.
Auch Anlage-Token (sog. Security Token) bleiben von der MiCA-Verordnung unreguliert. Solche Token verkörpern geldwerte Rechte gegenüber Emittenten. Die Rechte bestehen z.B. aus einer Partizipation des Investors an dem Referenzwert des Unternehmens des Emittenten. Sie sind behördlich abgesegnete Wertpapiere in Token-Form, die bereits geltenden Regularien für Wertpapiere folgen. Weiterhin zählen als Security-Token auch Token, die physische Gegenstände (bspw. Kunstwerke oder Immobilien) auf der Blockchain handelbar machen (sog. fraktionalisierte NFTs).
Solche Security Tokens gelten als Finanzinstrumente nach § 1 Abs. 11 Nr. 10 KWG, die nach Art. 2 Abs. 4 Buchst. a der MiCA-Verordnung ausdrücklich nicht vom Geltungsbereich der Verordnung erfasst werden.
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Anforderungen und Pflichten
Die Verordnung sieht für jede Kryptowert-Kategorie sowie für die Erbringung von Kryptowert-Dienstleistung spezifische Rechtsfolgen für die Marktteilnehmer vor. Daneben werden auch Maßnahmen zur Marktmissbrauchprävention festgelegt.
Anforderungen für andere Kryptowerte als vermögenswertereferenzierte Token und E-Geld-Token
Die MiCA-Verordnung stellt in den Art. 4 bis 15 zunächst Anforderungen für andere Kryptowerte auf, die nicht als vermögenswertereferenzierte Token oder E-Geld-Token zu klassifizieren sind. Anders als die weiteren Anforderungen der Verordnung, sind diese also nicht auf eine bestimmte Art von Token gemünzt. Vielmehr dient der Titel als eine Art Auffangregelung und stellt Anforderungen auf, die für eine Vielzahl von Token und Kryptowerten gilt.
Vor allem werden dadurch sogenannte Utility-Token erfasst. Hierbei ist aber wichtig zu differenzieren. Denn ausgenommen vom Anwendungsbereich sind solche Utility-Token, die Zugang zu einer Ware oder Dienstleistung gewähren, die bereits besteht oder bereits erbracht wird. Die MiCA-Verordnung erfasst also nur Utility-Token für eine zukünftige Ware bzw. Dienstleistung, also eine, die noch nicht besteht oder erbracht wird.
Ein konkretes Beispiel:
Ein Unternehmen gibt Utility-Token aus, die den Zugang zu einer dezentralen Storagelösung gewähren sollen. Wenn die dezentrale Applikation (dApp) bereits vollständig entwickelt und verfügbar ist, und der Token lediglich als Zugangsschlüssel dient, fällt dieser Token nicht unter die MiCA-Verordnung.
Wenn hingegen das Unternehmen Token verkauft, um die Entwicklung der dApp zu finanzieren, und die Token den Zugang zu dieser Software erst nach deren Fertigstellung gewähren sollen, dann handelt es sich um Utility-Token, die in den Anwendungsbereich der MiCA-Verordnung fallen. Hier wird der Token als Mittel eingesetzt, um zukünftige Leistungen zu finanzieren, weshalb die Verordnung greift.
Das öffentliche Angebot sowie die Zulassung zum Handel von anderen Kryptowerten als vermögenswertereferenzierte Token oder E-Geld-Token unterliegt einem sogenannten Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (Art. 4 und 5 MiCA-Verordnung). Das bedeutet, dass es grundsätzlich verboten ist, solche Kryptowerte öffentlich anzubieten bzw. die Zulassung zum Handel zu beantragen, es sei denn, es werden besondere Voraussetzungen erfüllt.
Die Voraussetzung für das öffentliche Angebot als auch für die Beantragung der Handelszulassung sind im Wesentlichen identisch. Grundsätzlich muss:
- es sich um eine juristische Person handeln,
- ein Krypotwerte-Whitepaper erstellt, an die Behörde übermittelt und auf der Website veröffentlicht werden,
- die Marketingmitteilungen erstellt, an die Behörde übermittelt und auf der Website veröffentlicht werden, und
- die Anforderungen für Anbieter eingehalten werden.
Erste wesentliche Voraussetzung für das öffentliche Anbieten und die Handelszulassung für andere Kryptowerte als ART und E-Geld-Token ist die Erstellung eines Kryptowerte-Whitepapers (Art. 7 MiCA-Verordnung). Der Inhalt dieses Whitepapers ist von der Verordnung in Art. 6 vorgegeben und in Anhang I der Verordnung wird hierfür ein Muster bereitgestellt. Ziel eines solchen Whitepapers soll es sein, die Anleger:innen und auch die zuständigen Behörden hinreichend Informationen über den Kryptowert bereitzustellen.
Es ist daher unbedingt erforderlich, dass in dem Whitepaper unter anderem Informationen über
- den Anbieter bzw. Emittenten,
- das Kryptowert-Projekt,
- den Kryptowert,
- die zugrungeliegende Technologie,
- die Risiken
enthalten sind. Die Informationen müssen inhaltlich zutreffend, eindeutig und nicht irreführend sein. Zudem muss das Whitepaper auf die den Kryptowerten-inhärenten Risiken hinweisen, etwa, dass Kryptowerte ganz oder teilweise ihren Wert verlieren können.
Daneben reguliert die MiCA-Verordnung auch, wie und auf welche Weise solche Kryptowerte vermarket werden dürfen. Um die Anleger:innen hinreichend zu schützen und einen fairen Markt zu gewährleisten, müssen Marketinginformationen eindeutig als solche erkennbar sowie redlich und nicht irreführend sein. Zudem müssen die Marketingmitteilungen mit den Informationen aus dem Whitepaper übereinstimmen.
Sowohl das Whitepaper als auch die Marketingmitteilungen müssen der zuständigen Behörde übermittelt werden (Art. 8 MiCA-Verordnung). Die Anbieter müssen diese Informationen auch auf ihrer Website frei zugänglich veröffentlichen (Art. 9 MiCA-Verordnung). Das Whitepaper muss zudem stets auf dem aktuellen Stand gehalten werden und muss geändert werden, wenn sich herausstellt, dass Informationen im Whitepaper wesentlich falsch oder ungenau sind.
Ein verbreitetes Problem bei Kryptowerten sind sog. "Rugpulls", bei denen Investitionen für einen Kryptowert gesammelt werden, der Kryptowert jedoch nie emittiert wird. Stattdessen verschwindet der Anbieter mit dem gesammelten Geldbeträgen und die Anleger:innen bleiben regelmäßig auf ihnen Verlusten sitzen. Dieses Problem hat auch der europäische Gesetzgeber erkannt und mit Art. 10 Abs. 3 MiCA-Verordnung Regelung aufgenommen, die solche Praktiken verhindern soll. So sind die Anbieter verpflichtet, die eingesammelten Geldbeträge zu überwachen und sicher aufzubewahren, etwa indem die Geldbeträge bei einem Kreditinstitut verwahrt werden.
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Anforderungen für vermögensreferenzierte Token
Auch das öffentliche Angebot und die Beantragung der Zulassung zum Handel von vermögensreferenzierten Token unterliegt einer Zulassungspflicht. Zwar sind einige Anforderungen für beide Kryptowerte im Wesentlichen identisch. So unterliegt bspw. der Emittent eines ART ebenfalls der Pflicht zur Erstellung, Übermittlung und Veröffentlichung des Kryptowerte-Whitepapers und der Pflicht zu redlichen und nicht irreführenden Marketingmitteilungen (Art. 19, 28, 29).
Gleichwohl sind Anforderungen für ARTS gegenüber den Anforderungen für anderen Kryptowerte als vermögensreferenzierte Token oder E-Geld-Token wesentlich strenger.
So wird bereits der Personenkreis in Art. 16 eingeschränkt, die überhaupt eine Zulassung beantragen dürfen. Während es für andere Kryptowerte ausreicht, dass eine juristische Person dies beantragt, muss es sich für die Zulassung von ARTs grundsätzlich um eine Person handeln, die Emittent des Kryptowertes ist und entweder
- eine juristische Person oder ein anderes Unternehmen mit Niederlassung in der EU, mit Zulassung von der zuständigen Behörde bzw. des Herkunftsmitgliedstaats nach Art. 21 oder
- ein Kreditinstitut sein. Kreditinstitute unterliegen zudem erweiterten Anforderungen nach Art. 17 MiCA-Verordnung.
Die Zulassung muss bei der zuständigen Behörde ihres Herkunftsmitgliedstaats beantragt werden.
Mit dem Antrag auf Zulassung muss eine Vielzahl von Informationen mitgeteilt werden. So muss unter anderem über den Emittenten, den Geschäftsplan sowie das Geschäftsmodell informiert, die Identität der Mitglieder des Leitungsorgans bekannt gegeben und über die getroffenen Sicherheits- und Risikomanagementmaßnahmen nach Art. 34 MiCA-Verordnung berichtet werden.
Der zuvor genannte Art. 34 MiCA nimmt eine bedeutende Rolle ein. Die Norm stellt eine Regelung zur Unternehmensführung auf. Dabei werden sowohl persönliche Anforderungen für die Leitungsorgane und auch Anteilseigner bzw. Gesellschafter als auch technische und organisatorische Anforderungen aufgestellt. So müssen zunächst klare Organisationsstrukturen mit genau abgegrenzten, transparenten und kohärenten Verantwortungsbereichen festgelegt werden. Dies umfasst auch, dass die Mitglieder des Leitungsorgans über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, ihre Aufgaben wahrzunehmen. Insbesondere müssen die Mitglieder des Leitungsorgan aber hinreichend zuverlässig sein, insbesondere strafrechtliche Verurteilungen können gegen die Zuverlässigkeit sprechen.
In technischer und organisatorischer Hinsicht wird ein wirksames Risikomanagementsystem gefordert. Das Risikomanagementsystem muss Schutzmaßnahmen für die Sicherheit der IT-Systeme, eine Strategie zur Business-Continuity, zur raschen Wiederherstellung der Daten und Funktionen sowie interne Kontroll- und Evaluierungsmaßnahmen enthalten.
Zum Schutz der Anleger:innen müssen die Emittenten zudem über eine hinreichende Vermögensreserve verfügen, welche die Risiken im Zusammenhang mit den Vermögenswerten, auf die sich die vermögenswertereferenzierten Token beziehen, abdeckt. Diese Vermögensreserve muss vom Vermögen des Emittenten getrennt sein und überdies insolvenzfest sein, sodass im Gläubiger des Emittenten im Falle der Insolvenz hierauf keinen Zugriff haben.
Sonderfall: Signifikante vermögenswertereferenzierte Token
Die Anforderungen an ART erhöhen sich, wenn es sich um sog. Signifikante vermögenswertereferenzierte Token handelt. Dies erfasst solche ART mit einer erheblichen Marktbedeutung. Die Signifikanz kann sich nach Art. 43 Abs. 1 MiCA-Verordnung unter anderem entweder aufgrund
- der Anzahl der Token-Inhaber (ab 10 Mio. Inhabern),
- dem Wert der ausgegebenen Token (mehr als 5 Mrd. EUR),
- der Einstufung des Emittenten als ein Gatekeeper i. S. d. Digital Services Act,
- der Ausgabe eines weiteren ART oder E-Geld-Token durch den
ergeben. Auch eine freiwillige Einstufung als signifanter ART ist den Emittenten möglich.
Die strengeren Pflichten für diese signifikanten ARTs betreffen vor allem die Aufrechterhaltung der Liquidität. Die Emittenten signifikanter müssen den Liquiditätsbedarf bewerten und überwachen, um die Erfüllung von Rücktauschforderungen durch Inhaber vermögenswertereferenzierter Token zu gewährleisten. Zu diesem Zweck müssen sie Strategien und Verfahren für das Liquiditätsmanagement einführen, sie aufrechterhalten und umsetzen sowie regelmäßig Liquiditätsstresstests durchführen.
Darüber hinaus muss ein Sanierungsplan erstellen werden, der Maßnahmen vorsieht, die der Emittent zu ergreifen hat, um die Einhaltung der für die Vermögenswertreserve geltenden Anforderungen wiederherzustellen, wenn der Emittent diese Anforderungen nicht einhält. Der Sanierungsplan muss auch die Aufrechterhaltung der Dienstleistungen des Emittenten im Zusammenhang mit dem vermögenswertereferenzierten Token, die rasche Sanierung des Geschäftsbetriebs und die Erfüllung der Pflichten des Emittenten im Fall von Ereignissen, die ein beträchtliches Risiko einer Störung des Geschäftsbetriebs bergen, umfassen.
Anforderungen für E-Geld-Token
Für die Emittenten von E-Geld-Token gelten im Wesentlichen identische Voraussetzungen, wie für die Emittenten von ARTs. Jedoch wird der Personenkreis, der E-Geld-Token öffentlich anbieten oder die Zulassung zum Handel beantragen will, wiederum in Art. 48 erheblich eingeschränkt. Konnte noch eine juristische Person mit einer Niederlassung in der Union die Zulassung zum Handel eines ART beantragen, so dürfen nur solche Personen E-Geld-Token anbieten bzw. die Handelszulassung beantragen, bei denen es sich um ein Kreditinstitut oder E-Geld-Institut handelt.
Wie auch für die bisher erwähnten Kryptowerte müssen auch die Emittenten von E-Geld-Token ein Kryptowerte-Whitepaper erstellen und veröffentlichen und nur redliche, eindeutige und nicht irreführende Marketingmitteilungen veröffentlichen (Art. 51, 53 MiCA-Verordnung).
Sonderfall: Signifikante E-Geld-Token
Auch E-Geld-Token können aufgrund ihrer besonderen Rolle und Bedeutung am Markt als signifikante E-Geld-Token eingestuft werden. Anders als bei den ART reicht es hierfür jedoch nicht aus, dass nur eines der in Art. 43 Abs. 1 MiCA-Verordnung genannten Kriterien einschlägig ist. Vielmehr müssen mindestens drei Kriterien kumulativ vorliegen. Die Emittenten können - wie auch die Emittenten von ARTs- ihre Token auch freiwillig als signifikante E-Geld-Token klassifizieren lassen.
Mit der Einstufung als signifikante E-Geld-Token müssen die Emittenten dieselben Pflichten wie für signifikante ARTs einhalten.
Anforderungen für Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen
Neben den Emittenten und Anbietern von Kryptowerten, erfasst die MiCA-Verordnung auch die Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistung (Art. 59 bis 85). Als Kryptowerte-Dienstleistungen werden folgende Dienstleistungen und Tätigkeiten im Zusammenhang mit Kryptowerten erfasst:
- Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Kunden,
- Betrieb einer Handelsplattform für Kryptowerte,
- Tausch von Kryptowerten gegen einen Geldbetrag oder andere Kryptowerte,
- Ausführung von Aufträgen über Kryptowerte für Kunden,
- Platzierung von Kryptowerten,
- Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Kryptowerte für Kunden,
- Beratung zu Kryptowerten,
- Portfolioverwaltung von Kryptowerten,
- Erbringung von Transferdienstleistungen für Kryptowerte für Kunden.
Die Erbringung solcher Dienstleistungen ist zulassungspflichtig und darf nur von
- einer juristischen Person oder einem anderen Unternehmen, die bzw. das nach Art. 63 MiCA als Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen zugelassen wurde, oder
- einem Kreditinstitut, einem Zentralverwahrer, einer Wertpapierfirma, einem Marktteilnehmer, einem E-Geld-Institut, einer OGAW-Verwaltungsgesellschaft oder einem Verwalter alternativer Investmentfonds, dem bzw. der es nach Art. 63 MiCA-Verordnung gestattet ist, Kryptowerte-Dienstleistungen zu erbringen,
erbracht werden. Die Anbieter müssen einen Sitz in einem Mitgliedstaat haben, in dem sie zumindest einen Teil ihrer Krypto-Dienstleistungsgeschäfte ausführen und ihren Ort der tatsächlichen Geschäftsführung in der Union haben, und mindestens einer der Geschäftsführer muss in der Union ansässig sein (Art. 59 MiCA-Verordnung).
Wie die Emittenten von Kryptowerten müssen auch die Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen ehrlich, redlich und professionell und im besten Interesse ihrer Kunden und potenziellen Kunden handeln und ihnen Informationen zur Verfügung stellen, die eindeutig, redlich und nicht irreführend sind. Sie sind ebenfalls zur sicheren Verwahrung Kryptowerte und Geldbeträge der Kunden verpflichtet.
Den Dienstleistungsanbietern werden - wie auch den Emittenten von ARTs - Regelungen zur Unternehmensführung auferlegt, die im Wesentlichen mit diesen übereinstimmen. So müssen die Mitglieder der Leitungsorgane ebenfalls zuverlässig und über die erforderlichen Kenntnisse verfügen und über ein Risikomanagementsystem verfügen.
Neben diesen allgemeinen Pflichten, die von allen Kryptowerte-Dienstleister zu erfüllen sind, legt die MiCA-Verordnung überdies jeweils in den Art. 75 bis 82 spezifische Anforderungen für verschiedenen Dienstleistungskategorien fest.
Prävention und Verbot von Marktmissbrauch
Über die jeweiligen Pflichten und Anforderungen für die Anbieter bzw. Emittenten von Kryptowerten und die Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen hinaus, legt die MiCA-Verordnung in den Art. 86 bis 92 Regelungen zur Prävention und zum Verbot von Marktmissbrauch auf. Die Vorschriften gelten für alle Handlungen im Zusammenhang mit Kryptowerten, die zum Handel zugelassen sind bzw. deren Zulassung beantragt wurde.
Als Maßnahmen zur Marktmissbrauchprävention sieht die MiCA-Verordnung folgende Maßnahmen vor:
- Offenlegung von Insiderinformationen (Art. 88 MiCA-Verordnung): Emittenten, Anbieter und Personen, die die Zulassung zum Handel beantragen, müssen der Öffentlichkeit Insiderinformationen, die sie unmittelbar betreffen, unverzüglich in einer Art und Weise bekanntgeben, die der Öffentlichkeit einen schnellen Zugang und eine vollständige, korrekte und rechtzeitige Bewertung ermöglicht. Die Offenlegung von Insiderinformationen an die Öffentlichkeit darf nicht mit der Vermarktung ihrer Tätigkeiten verbunden werden.
- Verbot der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen (Art. 90 MiCA-Verordnung): um auch die betroffenen Unternehmen zu schützen, ist es jedermann, der über Insiderinformationen verfügt, verboten, diese Insiderinformationen unrechtmäßig Dritten offenlegen. Es sei denn, diese Offenlegung erfolgt im Zuge der normalen Ausübung einer Beschäftigung oder eines Berufs oder der normalen Erfüllung von Aufgaben.
- Verbot von Insidergeschäften (Art. 89 MiCA): Die MiCA-Verordnung sieht ein umfassendes Verbot von Insidergeschäften vor. Niemand darf Insidergeschäfte tätigen oder versuchen, Insidergeschäfte zu tätigen, oder Insiderinformationen über Kryptowerte nutzen, um diese Kryptowerte, direkt oder indirekt, für eigene Rechnung oder für Rechnung eines Dritten, zu erwerben oder zu veräußern. Überdies darf niemand Dritten empfehlen, Insidergeschäfte zu tätigen, oder Dritte dazu zu verleiten, Insidergeschäfte zu tätigen.
- Verbot der Marktmanipulation (Art. 91 MiCA-Verordnung): nach der Verordnung ist jedwede Marktmanipulation untersagt. Marktmanipulation im Sinne der Verordnung umfasst unter anderem Handlungen, die falsche oder irreführende Signale hinsichtlich des Angebots oder des Kurses von Kryptowerten oder der Nachfrage danach gibt sowie für Kryptowerte ein anormales oder künstliches Kursniveau herbeiführt. Als Regelbeispiel für eine Marktmanipulation nennt die MiCA-Verordnung unter anderem Sicherung einer marktbeherrschenden Stellung in Bezug auf das Angebot an einem Kryptowert oder die Nachfrage danach, die eine unmittelbare oder mittelbare Festsetzung des Kauf- oder Verkaufskurses oder andere unlautere Handelsbedingungen bewirkt oder hierzu geeignet ist.
- Vorbeugung und Aufdeckung von Marktmissbrauch (Art. 92 MiCA-Verordnung): damit marktmissbräuchliche Handlung bereits präventiv verhindert werden (können), sieht die Verordnung vor, dass die betroffenen Unternehmen über wirksame Vorkehrungen, Systeme und Verfahren für die Vorbeugung und Aufdeckung von Marktmissbrauch verfügen. Die Unternehmen unterliegen einer Meldepflicht. Sie müssen unverzüglich jeden begründeten Verdacht melden, wenn Umstände vorliegen könnten, die darauf hindeuten, dass Marktmissbrauch begangen wurde, begangen wird oder wahrscheinlich begangen wird.
Haftung und Sanktionen
Haftung
Unabhängig davon, um welche Art von Kryptowert es sich konkret handelt oder ob es sich um die Erbringung von Kryptowerte-Dienstleistungen handelt, obliegt die Einhaltung der Anforderungen dem Leitungsorgan des Anbieters bzw. Emittenten. So besteht grundsätzlich eine Haftung für die im Kryptowerte-Whitepaper enthaltenen Informationen, wenn diese unvollständig, unredlich, unverständlich oder irreführend sind und die Anleger:innen aufgrund dessen Schäden erlitten haben (Art. 15, 26 und 52 MiCA-Verordnung). Die Haftung kann auch nicht vertraglich ausgeschlossen werden.
Sanktionen
Für Verstöße gegen die Anforderungen und Pflichten der Verordnung, sieht Art. 111 MiCA-Verordnung Sanktionen in Form von Geldbußen vor. Auch der Sanktionsrahmen ist - wie die jeweiligen Anforderungen hinsichtlich der Kryptowerte - differenziert ausgestaltet.
Die Höhe der Geldbußen ist davon abhängig, ob bspw. gegen Pflichten für andere Kryptowerte oder gegen Pflichten für vermögenswertereferenzierte Token bzw. E-Geld-Token verstoßen wird.
Hieraus ergibt sich folgendes Sanktionssystem:
- Verstöße gegen die Anforderungen an andere Kryptowerte als ARTs und E-Geld-Token (Art. 4 bis 14 MiCA): Bußgeld in Höhe von 5 Mio. EUR bzw. 3% des jährlichen Gesamtumsatzes der juristischen Person.
- Verstöße gegen die Anforderungen an ART-Emittenten: 5 Mio. EUR bzw. 12.5 % des jährlichen Gesamtumsatzes der juristischen Person.
- Verstöße gegen die Anforderungen an E-Geld-Token-Emittenten: 5 Mio. EUR bzw. 12.5 % des jährlichen Gesamtumsatzes der juristischen Person.
- Verstöße gegen die Anforderungen an Kryptowerte-Dienstleister: 5 Mio. EUR bzw. 5 % des jährlichen Gesamtumsatzes der juristischen Person.
- Verstöße gegen die Maßnahmen zur Marktmissbrauchsprävention: 2,5 Mio. EUR bzw. 2 % des jährlichen Gesamtumsatzes bei der unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen und für die weiteren Maßnahmen 15 Mio. EUR oder 15 % des jährlichen Gesamtumsatzes.
Zu beachten ist, dass es sich bei der zuvor genannten Höhe der Geldbußen um die Mindesthöhe handelt, die nicht unterschritten werden kann.
Herausforderungen und Handlungsempfehlungen
Unternehmen sollten zunächst prüfen, ob und in welchem Rahmen sie in den Anwendungsbereich der MiCA-Verordnung fallen. Zu beachten ist dabei zusätzlich, dass die betroffenen Unternehmen nicht nur den Pflichten nach der MiCA-Verordnung unterliegen. Vielmehr werden die Anforderungen aus der MiCA-Verordnung durch weitere regulatorische Anforderungen flankiert. Je nach Art des angebotenen Kryptowertes und der geschäftlichen Tätigkeit können sich ergänzende Pflichten auch aus der DORA-Verordnung ergeben. Auch das KWG kann auf die betroffenen Unternehmen Anwendung finden. Es ist daher erforderlich, einen Überblick über alle regulatorischen Anforderungen zu erstellen und das Verhältnis und Zusammenwirken der Gesetze zu verstehen.
Elementar ist es zudem, dass das Kryptowerte-Whitepaper gewissenhaft erstellt, der Inhalt regelmäßig evaluiert und bei Bedarf geändert wird. Denn das Whitepaper ist Anknüpfungspunkt für eine potenzielle Haftung. Ebenfalls erfordert die Verordnung eine enge interne Zusammenarbeit mit den Marketingabteilungen. Es muss stets gewährleistet werden, dass die Marketingmitteilungen mit den Informationen aus dem Kryptowerte-Whitepaper übereinstimmen.
Eine Herausforderung stellt einerseits die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben und andererseits die Anforderungen an die Cyber- bzw. IT-Sicherheit dar. Insbesondere für neu gegründete Unternehmen könnte die Erfüllung der Pflicht zur Vorhaltung entsprechender Vermögensreserven und die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung der Geldbeträge der Anleger:innen eine größere Schwierigkeit darstellen.
Fazit
Obgleich durch die MiCA-Verordnung den betroffenen Unternehmen erhebliche Pflichten auferlegt werden, deren Umsetzung und Einhaltung mit organisatorischem und finanziellem Aufwand einhergeht, ist die Regulierung von Kryptowerten zu begrüßen. Nicht nur werden die Anleger:innen dadurch vor unredlichen oder gar betrügerischen Absichten geschützt. Die Verordnung stärkt und betont zudem die Bedeutung, die Kryptowerte mittlerweile haben. Die Annäherung an bereits bestehende Finanzmarktregulierungsvorschriften zeigt, dass die EU Kryptowährungen eine ähnliche Bedeutung beimisst wie klassischen Finanzgeschäften.
Wir unterstützen Sie umfassend bei der Umsetzung und Einhaltung der regulatorischen Vorgaben. Insbesondere können wir Ihr Unternehmen bei der Erstellung der Kryptowerte-Whitepaper und sowie der darauf basierenden Marketingmitteilungen unterstützen.
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