07.06.2017
Telefonmarketing B2C: Neuer Gesetzesentwurf des Bundesrats
Die telefonische Kontaktaufnahme von Kunden kann ohne Beachtung ihrer rechtlichen Voraussetzungen schnell als unzulässige Werbung aufgefasst werden, die insbesondere wettbewerbsrechtliche Folgen nach sich ziehen kann. Denn bereits der Hinweis auf ein Angebot im Rahmen eines Kundentelefonats kann rechtlich als Werbung angesehen werden und damit gesetzlichen Einschränkungen unterliegen. Anknüpfend an die Schutzrichtung der bisherigen gesetzlichen Vorschriften, hat der Bundesrat nunmehr einen Gesetzesentwurf vorgelegt, durch den der Verbraucherschutz im Rahmen von Telefonwerbung weiter gestärkt werden soll.
Über den Gesetzesentwurf des Bundesrats
Mit seinem Gesetzesentwurf (Drucksache 181/17) verfolgt der Bundesrat eine Änderung des Fernabsatzrechts, durch welche telefonisch beschlossene Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmen nicht ohne weiteres wirksam zustande kommen sollen, sofern das Telefonat auf Veranlassung des Unternehmens erfolgt. Die Wirksamkeit soll zukünftig davon abhängen, dass dem Verbraucher das Vertragsangebot in Textform vorgelegt wird und der Verbraucher dieses daraufhin genehmigt.
Zwar ist die telefonische Kontaktaufnahme eines Verbrauchers zu Werbezwecken ohne dessen Einwilligung bereits jetzt unzulässig. Gegenwärtig ist durch den unzulässigen Anruf jedoch nur ein wettbewerbswidriges Verhalten des Unternehmens gegeben, welches Gegenstand von wettbewerbsrechtlichen Unterlassungs- und Haftungsansprüchen sein kann. Ein während des Telefonats beschlossener Vertrag ist gegenwärtig dennoch wirksam abgeschlossen.
Nach der bisherigen Gesetzeslage kann ein telefonisch oder unter Zuhilfenahme anderer Fernabsatzmitteln geschlossener Vertrag lediglich nachträglich durch den Verbraucher widerrufen werden. Da dies für den Verbraucher allerdings angesichts der korrekten Ausübung sowie des Nachweises des tatsächlich erfolgten Widerrufs mit Schwierigkeiten verbunden sein kann, wird es dem Verbraucher mit der geplanten Änderung deutlich einfacher möglich sein vom telefonisch Beschlossenen Abstand zu nehmen.
Ist die telefonische Kontaktaufnahme zu Werbezwecken wettbewerbsrechtlich zulässig?
Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) normiert, dass die telefonische Werbung gegenüber einem Verbraucher, der hierzu vorher nicht eingewilligt hat, eine unzumutbare Belästigung und somit einen Wettbewerbsverstoß darstellt. Dem Schutz der Privatsphäre des Angerufenen kommt hier gegenüber den wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens Vorrang zu. Neben Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen kommen insoweit auch behördliche Sanktionen in Betracht. Denn die unzulässige telefonische Werbung gegenüber einem Verbraucher stellt eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar, die mit bis zu 300.000 Euro geahndet werden kann, § 20 Abs. 2 UWG. Im vergangenen Jahr hat die Bundesnetzagentur beispielsweise Bußgelder in Höhe von insgesamt rund 500.000 Euro wegen unerlaubter Telefonwerbung verhängt.
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Einwilligung geboten!
Aus diesen Gründen ist für Unternehmen, die Verbraucher telefonisch zu Werbezwecken kontaktieren, die Einholung einer Einwilligung geboten. Dabei ist zu beachten, dass der wettbewerbsrechtliche Werbungsbegriff – und damit auch der rechtliche Anwendungsbereich von Telefonwerbung – weit gefasst ist. Denn unter den wettbewerbsrechtlichen Werbungsbegriff fallen alle Äußerungen im Geschäftsverkehr, die auf das Ziel gerichtet sind, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Auch der Anruf eines Unternehmens bei einem Verbraucher zu einem nicht werbebezogenen Anlass kann daher Werbung darstellen. Etwa wenn das Unternehmen während eines vertragsbezogenen Anrufs von einer nicht werblichen Kommunikation zur Werbung übergeht und keine entsprechende Einwilligung des Verbrauchers vorliegt. Dies kann beispielsweise im Nachgang zu einem regulären Kundentelefonat der Fall sein, sofern dem Verbraucher hierbei ein neues Angebot dargelegt wird. Dass der Verbraucher das Telefonat weiterführt ist rechtlich unerheblich, da hierin lediglich eine Einwilligung durch schlüssiges Verhalten zu sehen ist, allerdings keine – wie gesetzlich vorgesehen – ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers.
Die Ausdrücklichkeit der Einwilligung ist jedoch notwendige Voraussetzung für ihre Wirksamkeit. Der Verbraucher muss die Einwilligung im sog. Opt-in-Verfahren abgeben, also bewusst und aus eigener Initiative, beispielsweise durch Ankreuzen einer Check-Box. Zudem muss dargelegt werden, inwiefern die Telefonwerbung auch durch dritte Unternehmen erfolgen darf. Zwar ist eine bestimmte Form der Einwilligung nicht vorgegeben, jedoch ist diese – angesichts ihrer zentralen Rolle im Rahmen der Haftungsfrage – schriftlich oder in anderer Weise festzuhalten, die einen hinreichenden Beweis ihrer Abgabe im Konfliktfall ermöglicht. Denn die Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Vorliegens einer Einwilligung liegt beim werbenden Unternehmen. Neben wettbewerbsrechtlichen Anforderungen sind insoweit auch datenschutzrechtliche Gesichtspunkte zu beachten.
Vor allem muss eine vorformulierte Einwilligung zudem auch bestehenden Transparenzanforderungen genügen, damit der Verbraucher sich im Klaren sein kann, in welchem Umfang er konkret zur Kontaktaufnahme zu Werbezwecken einwilligt. Nach einem Urteil des Landgerichts Frankfurt darf der Umfang der Einwilligung etwa nicht erst über einen Link dargelegt werden. Insoweit ist daher besondere Sorgfalt bei der Formulierung der Einwilligungserklärung erforderlich. Die Rechtsprechung tendiert diesbezüglich zugunsten des Verbrauchers größtmögliche Transparenz zu fordern, durch die es diesem ermöglicht wird, eine informierte Entscheidung bei Erteilung der Einwilligung zu treffen.
Ein vom Verbraucher selbst ausgehender Anruf bei einem Unternehmen ist im Übrigen in der Regel nicht als unzulässige telefonische Werbung anzusehen. Ausnahmen hierzu können jedoch gegebenenfalls bestehen, wenn der Verbraucher – während er auf einen Ansprechpartner wartet – in besonders eindringlicher Weise mit Werbung konfrontiert wird. Abhängig von der Dauer und Intensität der Werbeeinwirkung kann hierin dann ebenfalls eine unzumutbare Belästigung des Verbrauchers gesehen werden.
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