12.09.2019

Werbe-Einwilligung bei Gewinnspielen: Neues Urteil des OLG Frankfurt

Am 27.06.19 hat das OLG Frankfurt a. M. (Az.: 6 U 6/19) ein wichtiges Urteil für den Werbemarkt im Hinblick auf das Datenschutz- und Wettbewerbsrecht getroffen. Gegenstand des Urteils war unter anderem die (in der Praxis durchaus umstrittene) Frage, ob eine Einwilligung auf Basis der DSGVO und des UWG für Werbung mit der Teilnahme an einem Gewinnspiel gekoppelt werden darf. Es führte zudem aus, wie diese Einwilligung ausgestaltet werden muss.

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Worüber hatte das OLG Frankfurt zu entscheiden?

Gegenstand des Urteils war ein Fall, bei dem eine Verbraucherin Telefonwerbung eines Stromanbieters wegen der (vermeintlichen) Teilnahme an einem Gewinnspiel erhielt. Um an diesem teilzunehmen, musste man sich online registrieren. Voraussetzung war dabei, dass man der Telefonwerbung zustimmt, ansonsten hätte man nicht teilnehmen können. Im Infotext des Gewinnspiels wurden dabei acht Unternehmen aufgezählt, welche die Telefonnummer im Falle der Teilnahme für Werbung bekommen würden.

Die Verbraucherin versicherte in dem Verfahren jedoch eidesstattlich, weder an einem Gewinnspiel teilgenommen noch ihre Telefonnummer angegeben zu haben. Ebenso versicherte sie, keinen SMS-Code als Bestätigung einer Werbe-Einwilligung erhalten zu haben.

Im Rahmen eines Unterlassungsanspruchs gemäß § 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, § 7 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 UWG hatte das Gericht über die Wirksamkeit der Einwilligung für Werbung zu entscheiden, die mit dem Gewinnspiel gekoppelt wurde. Zudem äußerte es sich zu den Anforderungen zum Nachweis einer solchen Einwilligung, die das Unternehmen hier nicht erfüllt hatte.

Welche Anforderungen gibt es bei Werbung an Verbraucher?

Im UWG wird insbesondere geregelt, wann beispielsweise Werbung durch ein Unternehmen im Wettbewerb unzulässig ist. Nach § 7 Abs. 1 S. 2 UWG ist Werbung unzulässig, wenn klar erkennbar ist, dass diese nicht gewünscht wird.

Wann etwa Werbung durch Telefon oder E-Mail unzulässig ist, regelt § 7 Abs. 2 UWG. Nach Nr. 2 ist Telefonwerbung gegenüber einem Verbraucher ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung unzulässig. Der Werbende muss diese Einwilligung des Verbrauchers einholen und sie auch nachweisen können. Dafür hat sich in der Praxis und durch Gerichte das sogenannte Double-Opt-In-Verfahren vor allem im Rahmen von Werbung per E-Mail (Newsletter) etabliert.

Beim Double-Opt-In-Verfahren geht es darum, die übermittelten Kontaktdaten (etwa E-Mail-Adresse oder Telefonnummer) zu verifizieren, bevor diese für Werbung genutzt werden. Damit überprüft werden kann, ob eine E-Mail-Adresse tatsächlich dem gehört, der sie bei der Werbe-Einwilligung eingetragen hat, wird vom werbenden Unternehmen eine E-Mail mit Bestätigungslink an diese Adresse verschickt. Wird dieser angeklickt, kann dies von der Website registriert und dokumentiert werden. Dadurch wird der Nachweis sichergestellt. Eine Telefonnummer müsste separat davon überprüft werden. Dies kann beispielsweise durch einen Bestätigungs-Code per SMS erfolgen.

Wann ist die Einwilligung wirksam?

Für die Wirksamkeit der Einwilligung ist auf die DSGVO abzustellen. Dabei ist nach Art. 4 Nr. 11 DSGVO die Einwilligung eine freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene eindeutig bestätigende Handlung. Zudem muss sie nachweisbar sein und widerrufen werden können (Art. 7 DSGVO). Diese Nachweispflicht überschneidet sich mit den entsprechenden Pflichten aus § 7 UWG.

Nach dem Erwägungsgrund 42 DSGVO setzt Freiwilligkeit voraus, dass die erklärende Person eine echte oder freie Wahl und somit die Möglichkeit haben muss, die Erklärung zu verweigern oder zurückzuziehen, ohne Nachteile zu erleiden.

Wann erfolgt eine Einwilligung freiwillig?

Ob eine Einwilligung freiwillig erfolgt, bestimmt sich auch nach Art. 7 Abs. 4 DSGVO – vielfach als Kopplungsverbot bezeichnet. Danach muss bei der Beurteilung der Freiwilligkeit besonders berücksichtigt werden, ob für die Erfüllung eines Vertrags eine Datenverarbeitung überhaupt erforderlich ist. Im vorliegenden Fall geht es also um die Frage, ob die Werbe-Einwilligung mit der Teilnahme am Gewinnspiel gekoppelt werden darf.

Das OLG Frankfurt führte aus, dass das bloße „Anlocken“ durch die Teilnahme am Gewinnspiel die Freiwilligkeit nicht ausschließe. Dadurch werde auf den Betroffenen kein Druck ausgeübt. Die Kopplung der Werbe-Einwilligung mit der Teilnahme am Gewinnspiel sei zulässig, denn „der Verbraucher kann und muss selbst entscheiden, ob ihm die Teilnahme die Preisgabe seiner Daten „wert“ ist.“ Auch wenn das Gericht Art. 7 Abs. 4 DSGVO nicht direkt erwähnt, so machen seine Aussagen jedoch deutlich, dass dieser der Freiwilligkeit hier gerade nicht entgegensteht.

Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) könnte sich in seinem im Oktober 2019 bevorstehenden Urteil (Az.: C-673/17) im Rahmen der Rechtssache Planet49 noch mit gekoppelten Werbe-Einwilligungen bei Gewinnspielen beschäftigen. Der Generalanwalt machte in seinen Schlussanträgen, denen das Gericht in der Regel folgt, deutlich, dass er darin keinen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 4 DSGVO sehe. So führt er aus, dass „der hinter der Teilnahme am Gewinnspiel stehende Zweck der „Verkauf“ personenbezogener Daten ist.“ Die Hauptpflicht zur Teilnahme am Gewinnspiel bestehe darin, die personenbezogenen Daten zur Verfügung zu stellen. Insofern sei deren Verarbeitung für die Teilnahme erforderlich. Ob sich der EuGH in seinem Urteil tatsächlich dazu äußert, ist jedoch offen, da die Werbe-Einwilligung eigentlich nicht Bestandteil der Vorlagefragen war.

Welche Informationen über die Werbung sind erforderlich?

Ausgehend von den Voraussetzungen der DSGVO und dem UWG sind dem OLG Frankfurt zufolge bei der Werbe-Einwilligung sowohl Informationen hinsichtlich der werbenden Unternehmen als auch hinsichtlich der konkreten Kategorien von Werbemaßnahmen erforderlich. Denn die Einwilligung muss für den bestimmten bzw. konkreten Fall erteilt werden.

Erstens müssten die werbenden Unternehmen einzeln in den Informationen genannt werden, damit der Verbraucher die Möglichkeit habe, sich „in realistischer Weise“ mit diesen und deren Geschäftsfeldern befassen zu können. Acht aufgeführte Unternehmen seien jedenfalls in Ordnung, während beispielsweise 59 Unternehmen zu viele wären, wie ein früheres Urteil des OLG Frankfurt vom 17.12.2015 (6 U 30/15) zeigt.

Zweitens müssten die Kategorien der Werbemaßnahmen konkret genug umschrieben werden. Während die Umschreibung „Finanzdienstleistungen aller Art“ nicht ausreiche und die Angabe „Marketing und Werbung“ zweifelhaft sei, wäre „Strom & Gas“ dem OLG Frankfurt zufolge konkret genug.

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Wie muss die Einwilligung nachgewiesen werden?

Zum Nachweis der Einwilligung muss eine Dokumentation, insbesondere der Datenerhebung und des Double-Opt-In-Verfahrens, erfolgen. Zwar ist das nicht explizit im Gesetz gefordert, jedoch muss der Nachweis insbesondere vor Gericht im Zweifel vorgelegt werden können.

Das OLG Frankfurt macht hier deutlich, dass die Bestätigung von E-Mail-Adresse und Telefonnummer im Rahmen des Double-Opt-In getrennt erfolgen müsse. Darüber hinaus müsse klar werden, „auf welchem technischen Weg die Daten ihren Weg […] zum datenspeichernden Unternehmen gefunden haben […] und in welcher Weise diese Vorgänge dokumentiert werden.“ Dies soll den Missbrauch und die unbefugte Nutzung von Daten für Werbung verhindern, die nicht von dem Unternehmen selbst erhoben wurden.

Insgesamt zeigt das Gericht klar, dass die Anforderungen an den Nachweis einer Werbe-Einwilligung sehr hoch und nicht zu unterschätzen sind.

Was wurde im Urteil noch angesprochen?

Übrigens wurde im Urteil auch ausgeführt, welche Informationen während des Werbeanrufs mitgeteilt werden müssen. Wird für ein Unternehmen angerufen, so muss dieses konkret benannt werden. So reiche die Formulierung „vom Stromanbieter“ nicht aus. Ebenso müsse aus dem Anruf auch der geschäftliche Zweck hervorgehen, dass der Werbende also wegen eines Wechsels des Stromanbieters anrufe. Fehlen diese Voraussetzungen, kann sich ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, § 3a UWG i.V.m. § 312a Abs. 1 BGB ergeben.

Fazit: Hohe Anforderungen bei Werbe-Einwilligungen zu Gewinnspielen

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Einwilligungen in die Werbung per E-Mail oder Telefon mit der Teilnahme an einem Gewinnspiel verknüpft werden können. Aus Sicht des Datenschutzes ist dies nicht zu beanstanden. Jedoch muss im Zusammenhang mit dem Wettbewerbsrecht besonderes Augenmerk auf die Dokumentation und den Nachweis der Einholung der Einwilligung gelegt werden. Dabei muss das Double-Opt-In-Verfahren richtig umgesetzt werden. Zudem ergeben sich erhöhte Anforderungen hinsichtlich der Bestimmtheit und der Informationspflichten im Rahmen einer Einwilligung für Werbung. Für die Zukunft sollte auch das bevorstehende Urteil des EuGH im Hinterkopf bleiben, welches zu Werbe-Einwilligungen bei Gewinnspielen noch Aussagen treffen könnte.

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