Die neuen Anforderungen der Finanzbehörden an die E-Mailspeicherung für Unternehmen nach dem GoBD

Seit dem 01.01.2015 gilt die GoBD

Das Bundesministerium der Finanzen hat am 14.11.2014 die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) veröffentlicht.

Diese Grundsätze konkretisieren die Normen aus der Abgabenordnung (AO) und dem Umsatzsteuergesetz (UstG) bezüglich der Anforderungen an den Einsatz von IT bei der Buchführung und bei der Erfüllung von gesetzlichen Aufzeichnungspflichten. Die GoBD bestimmen unter anderem die Form und die Art der Archivierung digitaler Unterlagen. Ziel ist es, dem Finanzamt bei einer Betriebsprüfung den Zugriff auf diese Informationen zu ermöglichen. Die GoBD ersetzt zum 01.01.2015 die GoBS und die GDPdU.

1. Adressat

Die GoBD betreffen alle Buchführungs- bzw. Aufzeichnungspflichten.

2. Betroffene Daten

Der Regelungsinhalt betrifft alle Daten, die von einer steuerlichen Aufbewahrungspflicht erfasst werden, aber auch Daten, die zur Erfüllung von außersteuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten aufbewahrt werden müssen.

Unternehmer sind nach § 257 HGB verpflichtet folgende Unterlagen geordnet aufzubewahren:

Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen, empfangene und Wiedergaben der abgesandten Handelsbriefe, Belege für Buchungen in den von ihm zu führenden Büchern (Buchungsbelege).

  • Handelsbücher sind die Bücher, welche zu führen der Unternehmer nach § 238 HGB verpflichtet ist. Diese sollen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) ersichtlich zu machen.
  • Handelsbriefe sind nach § 257 II HGB Schriftstücke, die ein Handelsgeschäft betreffen, dazu gehören z.B. Offerte, Annahme, Mängelrüge. Empfangene Handelsbriefe sind im Original zu archivieren. Weiterhin sind Wiedergaben der abgesendeten Handelsbriefe zu archivieren. Die Archivierung kann als Kopie, Abdruck oder Abschrift aber auch auf anderen Datenträgern in Bild oder Schrift gestaltet werden. Nicht abgesendete Handelsbriefe sind nicht zu archivieren.
  • Geschäftsbriefe umfassen alle Mitteilungen über geschäftliche Angelegenheiten nach außen. Dazu gehören alle Handelsbriefe s.o. Der weitere Begriff des Geschäftsbriefes umfasst aber auch Postkarten, Telebriefe, Faxe, Telegramme, Fernschreiben und E-Mail im Gegensatz zum Handelsbrief, welcher nur Schriftstücke erfasst.
  • Das Inventar ist das genaue Verzeichnis aller Vermögensgegenstände und Schulden mit Angabe ihrer Werte, § 240 I HGB.
  • Die Bilanz ist der für den Schluss eines Geschäftsjahres das Verhältnis des Vermögens und der Schulden darstellende Abschluss. Hier werden die Aktiva und die Passiva gegenübergestellt, § 242 I, 247 HGB.
  • Der Jahresabschluss besteht aus der Bilanz nach § 242 I HGB und der Gewinn- und Verlustrechnung nach § 242 II HGB.

Alle genannten Dokumente sind zu archivieren. Daher fallen unter archivierungspflichtige Unterlagen als Geschäftsbrief jegliche Korrespondenz, durch die ein Geschäft vorbereitet, abgewickelt, abgeschlossen oder rückgängig gemacht wird, also z.B. Rechnungen, Aufträge, Reklamationsschreiben, Zahlungsbelege und Verträge. Werden diese als E-Mail versendet, müssen sie auch in dieser Form aufbewahrt werden.

Hinzu kommt, dass nach 1.3 der GoBD neben den außersteuerlichen und steuerlichen Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen zu Geschäftsvorfällen auch alle Unterlagen aufzubewahren sind, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind (BFH Urteil vom 24. Juni 2009, BstBl II 2010 S. 452). Neben oben genannten Büchern, Aufzeichnungen, Inventaren etc. betrifft die Archivierungspflicht daher auch sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.

Ein Beispiel für Daten die zum Verständnis von Bedeutung sind, sind Kostenstellen, die der Bewertung von Wirtschaftsgütern dienen. Diese können zum Verständnis steuerlicher Sachverhalte benötigt werden und daher archivierungspflichtig sein.

Eine abschließende Definition der aufzeichnungs- und bewahrungspflichtigen Unterlagen enthält die GoBD gewollt nicht. Die Finanzverwaltung kann auf Grund der Unterschiedlichkeit der Buchführungs- und Aufzeichnungssysteme der Unternehmen nicht abstrakt im Vorfeld eine Definition aufstellen (1.3. GoBD). Wegen dieser Unsicherheit und angesichts der unangenehmen Konsequenzen einer unsachgemäßen Buchführung (siehe Punkt 5) ist anzuraten auch nur möglicherweise relevante Unterlagen zu archivieren.

Die Aufbewahrungspflicht gilt unabhängig davon, in welcher Form die Information vorliegt – Papierform oder Daten, Datensätzen, elektronische Dokumente (1.3 der GoBD).

Werden aufzeichnungspflichtige Unterlagen wie Geschäftsbriefe per E-Mail versendet, müssen diese auch in elektronischer Form archiviert werden. Archivierungspflichtig sind auch die Datenanhänge von E-Mails, wenn sie die Nachricht verständlich machen oder vervollständigen. Es besteht dagegen keine Aufbewahrungspflicht für ein E-Mail selbst, wenn diese eine archivierungspflichtige Datei lediglich im Anhang transportiert (9. der BoBD).

Aufbewahrungspflichtig sind neben Unterlagen mit dem oben genannten Inhalten in Papierform auch alle Unterlagen in Form von Daten, Datensätzen und elektronischen Dokumenten, die dokumentieren, dass die Ordnungsvorschriften umgesetzt und deren Einhaltung überwacht wurde (siehe Punkt 3 b), 4).

3. Gestaltung der E-Mail-Archivierung

Grundsätzlich müssen alle archivierungspflichtigen E-Mails und deren Dateianhänge vollständig, manipulationssicher, jederzeit verfügbar und maschinell auswertbar aufbewahrt werden. Elektronische Dokumente sind in eben dieser Form aufzubewahren (9. der BoBD). Die alleinige Archivierung von elektronischen Daten in Papierform wird nicht den Anforderungen der GoBD gerecht.

a) Unveränderbarkeit der Daten (8. der GoBD)

Nach § 146 IV AO darf eine Buchung oder Aufzeichnung nicht in einer Weise verändert werden, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Es dürfen auch nicht Veränderungen vorgenommen werden, von denen nicht gewiss erkannt werden kann, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind (3.2.5 der GoBD).

Das heißt, dass das Datenverarbeitungsverfahren die Gewähr dafür bieten muss, dass alle Informationen, die in den Verarbeitungsprozess eingeführt werden, nicht später unterdrückt oder ohne Kenntlichmachung gelöscht oder verfälscht werden können. Dies kann hardwaremäßig, softwaremäßig oder organisatorisch gewährleistet werden. Die bloße Ablage von Daten in einem Dateisystem erfüllt die Anforderungen der Unveränderbarkeit nicht, wenn nicht zusätzliche Maßnahmen getroffen werden, die die Unveränderbarkeit gewährleisten.

b) Verfahrensdokumentation (10.1 der GoBD)

Die Verfahrensdokumentation soll den gesamten technischen und organisatorischen Prozess der Entstehung, der Indizierung, der Speicherung, dem Wiederfinden, der Absicherung gegen Verlust und Verfälschung und der Reproduktion der archivierungspflichtigen Informationen aufzeichnen. Die Aufzeichnung sollte aus einer allgemeinen Beschreibung, einer Anwenderdokumentation, einer technischen Systemdokumentation und einer Betriebsdokumentation bestehen. Ziel ist es, einem unabhängigen Dritten die Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit des Vorgangs einer Archivierungslösung zu ermöglichen.

c) Ordnung

Die aufbewahrungspflichtigen Unterlagen müssen geordnet aufbewahrt werden (3.2.4 GoBD). Das Ordnungssystem kann z.B. nach Zeitfolge, Sachgruppen, Belegnummern oder alphabetisch erfolgen. Ziel ist es, sicherzustellen, dass ein sachverständiger Dritter innerhalb angemessener Zeit die Daten prüfen kann (9. der GoBD).

Bei elektronischen Unterlagen ist zusätzlich ihr Eingang, ihre Archivierung und die weitere Verarbeitung zu protokollieren.

d) Vollständigkeit

Die Archivierung hat vollständig zu erfolgen, §146 Absatz 1 AO, § 239 II HGB (3.2.1 der GoBD). Die Vollständigkeit bezieht sich nur auf archivierungspflichtige Unterlagen. Nicht archivierungspflichtige Unterlagen müssen daher nicht aufbewahrt werden. In Anbetracht der Menge der täglich verschickten und eingehenden E-Mails in einem Unternehmen ist eine Kategorisierung in archivierungspflichtige und nicht-archivierungspflichtige E-Mails schwerlich zu erreichen. Es wird daher oft einfacher sein, alle E-Mails zu archivieren. Dies verursacht jedoch nicht unerhebliche Kosten und kann ein Unternehmen sogar in den Konflikt mit dem Datenschutz bringen, z.B. bei privater Nutzung der E-Mailkonten durch die Mitarbeiter. Zulässig ist das Herausfiltern von Spam-E-Mails.

Die vollständige und lückenlose Erfassung und Wiedergabe aller Geschäftsvorfälle ist bei Datenverarbeitungssystemen durch ein Zusammenspiel von technischen und organisatorischen Kontrollen sicherzustellen (3.2.1. der GoBD).

e) Richtigkeit

Die Geschäftsvorfälle sind in Übereinstimmung mit den tatsächlichen Verhältnissen abzubilden (3.2.2 der GoBD).

f) Zeitpunkt

Die Dokumente sind zum organisatorisch frühestmöglichen Zeitpunkt zu archivieren (3.2.3 der GoBD).

g) Schutz

Die Dokumente dürfen nur von entsprechend berechtigten Benutzern eingesehen werden können.

h) Zeitraum

Die Dokumente dürfen frühestens nach Ablauf ihrer Aufbewahrungsfrist gelöscht werden.

i) Konvertierung

Bei einer Umwandlung der Unterlagen in ein unternehmenseigenes Format sind beide Versionen zu archivieren und derselben Aufzeichnung zuzuordnen (9.2 der GoBD).

4. Nachweis der Erfüllung der Belegfunktion

Bei der Nutzung von Datenverarbeitungssystemen ist zum Nachweis der Erfüllung der Belegfunktion Folgendes festzuhalten (4.4 der GoBD):

  • Dokumentation der programminternen Vorschriften zur Generierung der Buchungen,
  • Nachweis, dass die in der Dokumentation enthaltenen Vorschriften einem autorisierten Änderungsverfahren unterlegen haben,
  • Nachweis der Anwendung des genehmigten Verfahrens und
  • Nachweis der tatsächlichen Durchführung der einzelnen Buchungen.

5. Folgen unzureichender Archivierung

Unzureichende Archivierung kann zivilrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen wie Strafzahlungen an das Finanzamt gemäß § 162 AO, Freiheitsstrafe bei Verletzung der Buchführungspflicht gemäß § 283 StGB und Schadensersatzansprüche gemäß § 280ff; § 241 Abs. 2 BGB zur Folge haben.

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