Preisangabenverordnung im Online-Handel: § 11 PAngVO und Rabatt-Aktionen

Vor allem im Online-Handel sind Rabatte eine beliebte Maßnahme, um Produkte gezielt zu bewerben. Um die Rabatte möglichst anschaulich zu gestalten und damit das Kaufinteresse der Kunden zu wecken, greifen viele Händler auf die Darstellung mittels Streichpreisen zurück. Mit Hilfe des durchgestrichenen „alten“ Preises (Streichpreis) kann dem Interessenten die mögliche Ersparnis verdeutlicht und eine Kaufentscheidung erleichtert werden. Mit der Novellierung der Preisangabenverordnung (PAngVO) gelten für Händler seit dem 28.05.2022 neue Regeln für diese Form der Werbung. Welche rechtlichen Grenzen es für Eigenpreisgegenüberstellungen gibt und ob sich die Werbung damit noch lohnt, erläutern wir in unserem Beitrag.

Neue Regeln für Eigenpreisgegenüberstellungen nach § 11 PAngVO: Schutz vor irreführender Werbung im Online-Handel

Die Regeln für Eigenpreisgegenüberstellungen bei Waren folgen aus § 11 PAngVO. Dieser wurde neu eingeführt, um entsprechende Vorgaben der europäischen „Omnibus-Richtlinie“ umzusetzen. Vor dem Hintergrund des „New Deal for Consumers“ dienen die neuen Regelungen der Verbesserung und Modernisierung der Verbraucherrechte im Online-Handel. § 11 PAngVO zielt dabei insbesondere auf die Einschränkung irreführender Werbepraktiken zum Nachteil der Endverbraucher:innen. So ist es zum Beispiel ein beliebter Trick, vor Rabattaktionen die Preise kurzfristig anzuheben, um anschließend mit noch höheren Rabatten werben zu können. Durch die Verpflichtung der Händler:innen zu mehr Transparenz sollen die Verbraucherinnen und Verbraucher die tatsächliche Ersparnis besser einschätzen können. Vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen die Informationspflichten aus § 11 Abs. 1 oder Abs. 3 PAngVO stellen Ordnungswidrigkeiten dar und können mit Geldbußen bis zu 25.000 € geahndet werden.

Transparenzpflicht und Referenzpreis: § 11 PAngVO für Preisnachlässe im Fokus

§ 11 Abs. 1 PAngVO sieht vor, dass Händler:innen bei der Ankündigung einer Preisherabsetzung den niedrigsten Gesamtpreis – oder in den Fällen des § 11 Abs. 3 PAngVO den niedrigsten Grundpreis – der letzten 30 Tage als Bezugsgröße anzugeben haben. Diese Verpflichtung besteht für alle Unternehmer:innen, die ihre Waren oder Dienstleistungen Verbraucher:innen anbieten oder gegenüber Verbraucher:innen unter Bezugnahme auf Preise werben. Der Gesamtpreis ist der für eine bestimmte Ware oder Dienstleistung insgesamt zu zahlende Preis, z.B. X € pro Stück. Der Grundpreis hingegen ist der für eine Ware pro Mengeneinheit zu zahlende Gesamtpreis, z.B. X € pro kg. Die Ankündigung eines Preisnachlasses setzt voraus, dass auf den früheren, höheren Preis Bezug genommen wird. Eine bloße Preissenkung oder Preisänderung ohne Angabe des vorherigen Preises löst die Transparenzpflicht nach § 11 Abs. 1 PAngVO nicht aus. Bei einer Preisherabsetzung ist jedoch zwingend der niedrigste 30-Tage-Preis als Vergleichswert anzugeben. Auch prozentuale Preisnachlässe – z.B. „Tomaten heute um 15% reduziert“ – müssen sich an diesem Referenzpreis orientieren. War der Gesamtpreis der Ware in den letzten 30 Tagen stabil, so ist dieser Preis als Referenzpreis anzugeben.

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Referenzpreis und Rabattberechnung: § 11 PAngVO im praktischen Beispiel

Beispiel: Wenn ein T-Shirt in den letzten 30 Tagen durchgehend 50 € gekostet hat, wird bei einem Preisnachlass von 10 € ein Rabatt von 20 % gewährt.

Bei Preisschwankungen hingegen muss der niedrigste 30-Tage-Wert ermittelt und angegeben werden.

Beispiel: Der Preis des T-Shirts aus dem obigen Fall wird wieder auf 50 € festgelegt. Bei einer erneuten Preissenkung innerhalb von 30 Tagen nach der Erhöhung muss nun 40 € als Referenzpreis angegeben werden. Bei einer Preissenkung auf 30 € ist also ein Rabatt von 25 % (und nicht von 40 %) anzugeben.

Die Angabe des Referenzpreises muss in allen Absatzkanälen erfolgen, in denen der Preisnachlass beworben wird, ist aber auf diese Kanäle beschränkt. Bei allgemeinen Rabattaktionen – z.B. „20% auf alles“ – muss die Preisgegenüberstellung im Preisteil der jeweiligen Ware erfolgen.

Preisvergleiche und Ausnahmen: § 11 PAngVO im Kontext von Händlerpreisen

§ 11 PAngVO bezieht sich ausdrücklich auf den Vergleich mit eigenen Preisen der Händler:innen und gilt nicht für Preisvergleiche mit Angeboten Dritter oder der „unverbindlichen Preisempfehlung“ (UVP). Dementsprechend muss bei Preisvergleichen mit fremden Preisen auch nicht der eigene 30-Tage-Tiefstpreis angegeben werden. Eine Lockerung der Angabepflicht besteht nach § 11 Abs. 2 PAngVO auch bei schrittweisen, ohne Unterbrechung ansteigenden Preisherabsetzungen. Für diesen Zeitraum kann als Referenzpreis der niedrigste Gesamtpreis innerhalb der letzten 30 Tage vor Beginn der schrittweisen Preissenkung angegeben werden. In diesem Fall sind die Händler:innen nicht verpflichtet, die Preisnachlässe ständig auf der Grundlage des letzten niedrigsten Preises zu aktualisieren. Diese Ausnahme trägt insbesondere Ausverkäufen, z.B. bei Abverkäufen, Rechnung und soll den Händler:innen in dieser Situation eine einfache Alternative bieten.

Referenzpreis und Ausnahmen: Praxisbeispiel und individuelle Preisnachlässe gemäß § 11 PAngVO

Beispiel: Ausgehend vom obigen Fall. Würde der Preis der T-Shirts kontinuierlich von 50 € auf 40 € und dann auf 30 € gesenkt, könnte der Referenzpreis immer noch 50 € betragen.

Nach § 11 Abs. 4 PAngVO sind individuelle Preisnachlässe – also z.B. personalisierte Rabatte im Rahmen von Gutscheinen und Kundenbindungsprogrammen – gänzlich von der Angabepflicht ausgenommen. Um der Natur der Sache gerecht zu werden, muss nach Abs. 4 auch bei schnell verderblichen Waren kein Referenzpreis angegeben werden.

Streichpreise und Klarheit: Zusätzliche Preisangaben gemäß § 11 PAngVO

§ 11 PAngVO lässt zunächst offen, ob neben dem niedrigsten 30-Tage-Preis weitere Streichpreise angegeben werden dürfen. Grundsätzlich sind Händler:innen also nicht daran gehindert, weitere – z.B. frühere, höhere – Preise zu ergänzen. Auf diese Weise kann die Preisentwicklung im Vergleich zu ansonsten höheren Standardpreisen wirkungsvoll verdeutlicht werden. Vor dem verbraucherschutzrechtlichen Hintergrund der Norm besteht insoweit jedoch die Vorgabe, keine Verwirrung zu stiften oder den Verbraucher von dem nach § 11 Abs. 1 PAngVO anzugebenden Preis abzulenken. Um die Wirkung der gesetzlichen Pflichtangaben nicht zu unterlaufen, sollten Angebote daher nicht mit Vergleichspreisen überfrachtet werden. Zudem muss der tatsächlich erzielte Rabatt gegenüber dem niedrigsten 30-Tage-Preis gegenüber den anderen Preisen klar erkennbar sein.

Effektive Werbung mit Rabatten: Preisvergleiche und Referenzpreise im Beispiel

Beispiel: Das Shirt aus den oben genannten Beispielen könnte mit einem Rabatt von 25% beworben werden. Zugleich könnte aber auch auf den „regulären Preis außerhalb der Sonderangebotszeiträume“ in Höhe von 50€ verwiesen werden.

Grenzen und Spielraum: Preisangaben und Werbestrategien nach § 11 PAngVO

Die Preisangabepflicht nach § 11 PAngVO setzt der Werbung mit Rabatten zwar gewisse Grenzen, lässt den Händlern aber auch einen gewissen Spielraum bei der preislichen Darstellung ihrer Waren und Dienstleistungen. Zeitlich gestaffelte Rabatte erlauben grundsätzlich weiterhin die Darstellung hoher Preisnachlässe. Für die Dauer der stufenweisen, ununterbrochenen Preisherabsetzung einer Ware kann insgesamt mit einem einheitlichen Referenzpreis geworben werden. Auch die vergleichende Darstellung mit höheren eigenen Preisen kann als Chance genutzt werden. Die Unternehmen sollten jedoch darauf achten, dass die gesetzlichen Pflichtangaben aus Verbrauchersicht stets gut erkennbar bleiben. Um nicht den Eindruck einer bewussten Verschleierung zu erwecken, sollten Angebote nicht mit Preisangaben überfrachtet werden. Ein Vergleich mit Fremdangeboten und der UVP ist auch ohne Angabe der eigenen bisherigen Preise möglich.

Unser Expertenteam steht Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns noch heute für eine professionelle Beratung und Unterstützung.

Haben Sie Fragen zu § 11 PAngVO und den neuen Regeln für Preisangaben im Online-Handel?

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